Was ist der Unterschied zwischen Wissenschaft und stereotyper Kultuspolitik?
Wissenschaft entwirft ein Konzept, wählt eine repräsentative Stichprobe aus und testet es. Aus den Ergebnissen der Stichprobe werden Modifizierungen abgeleitet, ggf. erneut getestet. Dann erfolgt eine Verallgemeinerung bzw. breite Implementierung des Konzeptes. Konzepte, die sich in der Stichprobe nicht bewähren, werden nicht implementiert.
Stereotype Kultuspolitik erlässt Konzepte. Die Implementierung erfolgt sofort. In der Regel sind diese Konzepte per Definition intrinsisch korrekt, da formal ein Partizipationsangebot erfolgt ist. Konzepte, die sich nicht bewähren, werden durch neu erlassene Konzepte ersetzt.
Lernen mit neuen Medien bzw. Lernen in der Wissensgesellschaft droht in meinen Augen stereotyp kultuspolitische Züge zu tragen: In der Regel wird auch hier nicht anhand einer Stichprobe getestet, sondern es werden Setzungen und Annahmen vorgenommen, die eben nicht wissenschaftlichen Kriterien genügen, weil sehr oft empirische Belege und Untersuchungen, bzw. Verweise auf Studien fehlen. Ich nehme zunehmend wahr, dass wir uns darin gefallen „Metageseier“ zu produzieren, d.h. mit Potentionalitäten in sich selbst verstärkenden, ideologisch meist auf einer Wellenlänge liegenden Zirkeln sprachlich – rezeptiv oder deskriptiv – zu operieren.
Das gab es alles strukturell schon einmal: In der Gesamtschuldebatte der 70er Jahre. Der Umbau des Bildungssystems ist jedoch zu wichtig, als dass wir uns eine Wiederholung dieser Strukturen auf Dauer leisten könnten. Mir bereitet das Sorgen. Dieser Umbau darf nicht so enden wie das Konzept der Gesamtschule.
Wir haben gerade am Wochenende auch darüber gesprochen, dass man in n letzten Wochen zunehmen den Eindruck bekommt, dass sich die immer gleichen Kreise mehr oder weniger immer gegenseitig bestätigen. Ja, diesen aprozess kann man nicht nur in Blogs oder bei Twitter beobachten, sondern auch auf den EduCamps.
Nur: ich bin mir unsicher, wie das zu bewerten ist. Einerseits dreht sich eine Diskussion im Kreis, andererseits gibt es auch Rückhalt und ‚Expertenbildung‘.
Ich habe die aktuelle Entwicklung mit den Prozessen der Machtbildung bei Popitz verglichen. Hier vor allem bezogen auf das erste Beispiel der Besitznahme der Liegestühle. Kennst Du das? Ich müsste mal schauen, ob ich dazu in den nächsten Tagen was schreiben kann.
„Nur: ich bin mir unsicher, wie das zu bewerten ist. Einerseits dreht sich eine Diskussion im Kreis, andererseits gibt es auch Rückhalt und ‘Expertenbildung’.“
Ich habe bewusst nicht gewertet. Ich fordere, dass es dabei nicht bleiben darf und das aus zwei Gründen:
Erstens hat es die institutionelle Macht schon immer verstanden, sich der Erkenntnisse von Vordenkern zu ihrem Zweck zu bedienen, wenn die Luft wirklich eng wurde – das gönne ich ihnen nicht.
Zweitens geht es nicht darum, ausschließlich den Empfänglichen zu infiltrieren – das ist er schon. Es geht um Konzepte einer nachhaltigen Verankerung und das durchaus auch multidimensional, in der Klasse, im Kollegium, in institutionellen Machträumen unter Ausnutzung von Schwachpunkten – derer es gerade in hierarchischen Systeme viele gibt.
Ich glaube sogar, dass das viel aufbauender sein wird als der gegenseitige Rückhalt allein.
Die Liegestuhlmetapher (Web sei Dank) ist hübsch… Aber wiederum deskriptiv.