Spiele anleiten
Ein Spiel anzuleiten ist eigentlich überhaupt nicht schwer. Dennoch gibt es paar Dinge, auf die man achten kann, damit das letzte Sahnehäubchen an Professionalität aus Euch herausstrahlt. Ich habe Euch dazu ein paar persönliche Erfahrungen von mir zusammengestellt. Nicht alles kann man immer und überall beherzigen und nicht immer lässt die Gruppensituation diesen oder jenen Vorschlag zu. Fasst also die Liste als Anregung auf.
- Jeder Mensch wird als Leiter seine Eigenheiten haben. Es gibt kein Patentrezept für den wirklich guten Spielleiter. Wichtig finde ich, dass man stets authentisch, d.h. sich selbst treu bleibt. Dem einen liegt das euphorische Verbreiten von Motivation, der andere erklärt lieber ruhig und gefasst.
- Wenn ich jemanden zum Spielen motivieren möchte, dann muss ich selbst auch Lust dazu haben, Stichwort: Authentizität. Kinder und Jugendliche spüren sehr wohl, ob das Spiel für mich eine Pflichtübung oder Spaß bedeutet und werden entsprechend reagieren (wie man in den Wald hineinruft…).
- Eine gute Vorbereitung gibt mir als Spielleiter Sicherheit und zwar insbesondere dann, wenn ich mich noch nicht so sicher fühle. Dann habe ich nämlich immer was „in petto“ und muss nicht in Panik verfallen, falls mal was nicht klappt.
Eine gute Vorbereitung gibt mir aber noch lange nicht das Recht, auf Biegen und Brechen genau mein Ding durchzuziehen. Denn da soll es ja noch die Gruppe geben, die evt. ihre ganz eigenen Bedürfnisse hat und evt. auch selbst initiativ wird (eigene Spielvorschläge oder Abwandlungen der von mir erklärten Spiele). - Ihr solltet nur Spiele anmoderieren, die ihr selbst gut findet, bzw. die für euch nicht in irgendeiner Form vorbelastet sind. Ein Beispiel: Ich tue mich recht schwer mit relativ körperbetonten Spielen. Das geht den Teilnehmern nicht unbedingt genauso. Daher bin ich immer froh, wenn ich auf einem Spieleabend im Team arbeiten kann. Das lassen sich nämlich manche Dinge delegieren…
- Spiele sollten verständlich und so knapp wie möglich anmoderiert werden. Vorherige Gedanken um die Anmoderation sind nie verkehrt. Es empfiehlt sich immer, nochmal die Frage zu stellen, ob alle die Regeln verstanden haben, oder noch Unklarheiten vorhanden sind. Selbst bei noch so gewisserhafter Vorarbeit kann es vorkommen, dass einige in der Gruppensituation nicht verstehen, was ich von ihnen möchte.
Nichts ist nerviger, als ein Spiel unterbrechen zu müssen, weil es einfach aufgrund von Verständnisfehlern nicht klappen mag. Wenn das zu oft vorkommt, kann schonmal die Stimmung merklich kippen… - Ein Spiel ist etwas Freiwilliges – ein ganz ganz elementarer Satz für mich. Ich sage das auch immer wieder vor der Gruppe (wenn ich daran denke…). Es gibt Spiele, bei denen sich ein Teilnehmer einfach in seiner Intimssphäre gestört fühlen kann. Es ist dann nicht sein Recht zu sagen, dass er nicht mitmacht, sondern seine unbedingte Pflicht sich selbst gegenüber (bitte nicht so vor der Gruppe sagen, denken reicht…)
Wenn also jemand nicht aus Destruktivität, sondern deutlich erkennbar sagt, er könne sich das oder das für sich nicht vorstellen, dann ist das nichts, was gegen euch als Spielleiter gerichtet wäre. Ich finde sowas gut und bestärke denjenigen dann auch gegen die Gruppe, falls diese dann „Druck“ macht. - Es ist eine hohe Kunst, ein Spiel genau dann abzubrechen, wenn die Stimmung gerade ihren höchsten Punkt erreicht, bzw. gerade eben überschritten hat. Spieleabende leben davon, dass es mir als Leiter gelingt, die Stimmung auf einem gewissen Level zu halten. Ich erlebe es immer wieder, dass Spiele einfach „totgespielt“ werden. Das hat manchmal recht banale Gründe, die mit mir als Leiter zun tun haben, z.B.:
- Ach, das läuft so gut, lass‘ sie man noch ein bisschen
- Endlich ist die Gruppe mal motiviert, bloß nicht eingreifen
- Puh, dann wird der Abend ja doch lang genug, und wir kriegen die Zeit totgeschlagen
Das „Totspielen“ wird oft dadurch gerechtfertigt, dass die Gruppe ihren eigenen „Spielprozess“ gestalten lernen soll und man selbst ebendiesen beobachten möchte. Das kann u.U. tödlich für die Stimmung und hemmend für den Gruppenprozess sein. Beobachtung ist sehr wichtig und daher arbeitet ihr ja auch im Team… Dann muss man sich nämlich nicht zurücklehnen können, sondern einer macht, der andere schaut :o).
- Auf einem Spieleabend ist der Spannungsbogen entscheidend. Was ist das? Für mich läuft ein guter Spieleabend in etwa so ab:
- Kennenlernspiele (wenn die Namen noch zu lernen sind)
- Eisbrecherspiele (die einfach zu verstehen sind)
- Komplexere Bewegungsspiele (z.B. Wettbewerbsspiele mit viel „Äktschn“)
- Spiele mit Stimmung (die oft sehr kompliziert sind)
- Irgendwas zum Auslaufen (wo sich wommöglich schon Leute absetzen können)
D.h. also, dass ich das Spannungs- und Aktionsniveau so plane, dass es zur Mitte der Zeit in etwa seinen Höhepunkt erreicht. Gegen Ende sinkt in der Regel bei einigen die Motivation und daher kann es manchmal gut sein, dann Spiele auszuwählen, die es erlauben, dass einige sich absetzen können.
Das hier ist mein – also Maik Rieckens – Konzept und deines wird gewiss ganz anders aussehen können, da du ja nicht Maik heißt. Trotzdem halte ich den Spannungsbogen generell für wichtig, aber vielleicht kommt das ja auch dadurch, dass ich Lehrer bin :o)…
Als Spielleiter ist man weder für alles verantwortlich noch an allem schuld. Es gibt nämlich auch Gruppen, wo das mit dem Spielen halt schwierig ist. Es gibt Teilnehmer, die gewisse Ängste vor bestimmten Spielen haben und daher z.B. destruktiv erscheinen können.
Außerdem tragen immer auch die Gruppe wie jeder Teilnehmer eine Verantwortung für das Gelingen eines Spieleabends. Es ist meine persönliche Entscheidung als Teilnehmer, mich einzubringen oder eben nicht. Und genau das kann kein Spielleiter vorher wissen. Deswegen ist Jugend- und Kinderarbeit ja auch immer wieder spannend.