GEHEIMHALTUNGSPFLICHT
GEHEIMHALTUNGSPFLICHT: Diese E‑Mail und alle damit verbundenen Anlagen sind vertraulich und dürfen nur bestimmten Personen zugänglich gemacht werden. Sofern Sie nicht zu den angegebenen Empfängern gehören sollten, benachrichtigen Sie bitte unverzüglich den Absender. Der Inhalt darf in diesem Fall weder an Dritte weitergegeben noch zu anderen Zwecken verwendet werden.
Dieser Hinweis war in einer E‑Mail an mich von einem Verlag enthalten – die Blogger unter uns Lehrern werden gleich wissen, um welchen Verlag es sich dabei handelt, weil sie wahrscheinlich auch angeschrieben wurden. Diese Mail ist ein offensichtlicher Textbaustein und geht in keiner Weise inhaltlich auf irgendetwas in meinem Blog ein. Ich soll in dieser Mail mit einem „persönlichen Freischaltungscode“ für ein Portal dieses Verlages (nicht, dass es sowas schon gäbe…) gewonnen werden und mich dort durch Publikation meiner Inhalte mit anderen Lehrern „vernetzen“. Ich habe gelernt, sofort die AGB bei so etwas zu lesen. Ich gebe die interessanten Passagen einmal mit eigenen Worten wieder:
- ich soll sicherstellen, dass meine Inhalte frei von Rechten Dritter sind
- der Verlag behält sich vor, später Teile des Angebots kostenpflichtig zu machen
- ich darf die mir zugänglichen Inhalte in meinem Unterricht nutzen – aber nur dort!
- der Verlag darf die Inhalte zu allem nutzen, z.B. für Publikationen, Lernsoftware, Bücher…
- der Verlag darf die AGB jederzeit anpassen
- der Verlag darf Inhalte und Kommentare jederzeit löschen oder sperren oder kostenpflichtig machen
- …
Da kann ich ja gleich wieder zum FB gehen. Ich frage mich, was sich jemand bei so einer E‑Mail eigentlich denkt. Man kann das im Prinzip wie folgt zusammenfassen: „Wir möchten gerne über deine Inhalte beliebig verfügen, d.h. sie auch z.B. verkaufen können. Dafür bieten wir nichts, was du nicht auch überall besser bekommen kannst – z.B. in einer FB-Gruppe (die Urheberechtsbestimmungen sehen da nur unwesentlich schlechter aus). Aber wenn du diese Mail weitergibst, dann ist das böse.“
Der Disclaimer ist übrigens ohne rechtliche Relevanz – das spricht in meinen Augen nicht unbedingt für die Kompetenz dieses Verlags. Ich darf hier auch die ganze Mail inkl. Absender veröffentlichen – das zitierte angehängte Urteil eines Amtsgerichtes dürfte sich wohl auf einen ganz anderen Fall beziehen. Das ist für mich ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man als Verlag nicht an qualitativ hochwertige Inhalte kommt – das Prinzip hat doch jeder Nutzer nach spätestens einem Jahr duchschaut.
Was erwarte ich von einem Verlag, mit dem ich zusammenarbeiten möchte?
- Eine persönliche Ansprache, die zeigt, dass man sich mit mir und meinen Inhalten beschäftigt hat
- Ein inhaltsoffenes Verhandlungsangebot, welches nicht von vornherein durch AGB und Vertragsklauseln festgelegt ist – reden lässt sich über alles
- Fairness bei der Verwertung von Inhalten. Ein Verlag soll und muss Geld verdienen. Ich brauche aber eine Gegenleistung für diese Rechteübertragung, mit der ich leben kann.
- Innovation. Lehreraustauschportale gibt es viele – manche laufen manche nicht. Innovation kann bedeuten, fantasievolle Autorenaquise zu betreiben, kann aber auch bedeuten neue Portalformen zu entwickeln. Bringt irgendwer z.B. Eltern, Lehrer und Schüler attraktiv auf einem Portal zusammen?
Aber wenn man einigen Aussagen von Verlagen glauben schenken darf, besteht das Netz eh nur aus inhaltlichem, weit verstreutem Schrott. Dummerweise bedeutet Web2.0 inhaltliche und teilweise dokumentierte Evolution (vgl. Wikipedia) sowie immer intelligentere Suchalgorithmen (da leben ja Leute gar nicht so schlecht von). Noch habt ihr einen Vorsprung, liebe Verlage, noch… Also nutzt ihn endlich!
Schön gesagt und die Erwartungen an die Verlage teile ich. Es ist befremdlich, zu sehen, wie sogenannte Web2.0‑Projekte immer wieder versuchen, Arbeit anderer Menschen zu aggregieren und zu Geld zu machen, die eigentlichen „Arbeiter“ aber dabei leer ausgehen zu lassen.
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Jetzt habe ich mir mal erlaubt, ein Dokument sowie einen Pinnwandeintrag unter dem Titel „Warnung vor *Piep!*“ innerhalb der Plattform einzustellen. Mal schauen, wie die Reaktion ausfällt.
OK – meine kritischen Anmerkungen zur Plattform wurden innerhalb weniger Stunden gelöscht (sowohl Dokument als auch Pinnwandeintrag).
Kritische/warnende Rückmeldung ist offenbar nicht gewünscht. Schade drum, eine Diskussion wäre mir lieber gewesen.
Pingback: Werbung auf dem Blog? « …ein Halbtagsblog…