Das neue Portal der deutschen Schulbuchverlage
Am vergangenen Mittwoch war ich auf der Didacta in Hannover. Hingekommen bin ich freundlicherweise mit einem netten Kollegen aus der Medienberatung – aber unsere Wege trennten sich schon sehr früh am Cornelsenstand. Zwei Vertreter von Cornelsen leben in unmittelbarer Nachbarschaft zu mir, wir kennen uns privat und so war es auch möglich, in Kontakt mit höheren Mitarbeitern zu kommen, wofür ich sehr dankbar bin, weil sich auf diese Weise vielleicht die eine oder andere Tür für unser Schulnetzwerk öffnet – z.B. die in Niedersachsen obligatorischen Hörverstehens-Cds per DLNA (der virtuelle MediaTomb-Server lauert schon…) aufs Handy / Tablet / Notebook usw. des Lehrers, der dann nur noch Brüllwürfel mit dabei haben muss. Keine Kassettenrecorder oder CD-Player mehr durch die Gegend schleppen… Und endlich ein Medienverteilungsstandard, der zumindest in meinem Haushalt schon seit Jahren etabliert ist.
Die gemeinsame Schulbuch Vertriebsplattform des Verbandes Bildungsmedien
Vorweg: Diese Plattform hat auf Twitter und in den einschlägigen Medien natürlich die vorhersagbaren Beißreflexe ausgelöst. Tatsächlich bietet dieses Portal zurzeit nur sehr wenig mehr als das klassische Schulbuch bzw. es ist tatsächlich lediglich weitgehend eine 1:1 Transformation dieses analogen Mediums im Netz. Es gibt:
- keine Links
- keine kopier- und editierbaren Texte, alles ist als Grafik abgelegt
- keine multimedialen Elemente
- keine Möglichkeit, gezielt Inhalte zusammenzustellen
- kein befriedigendes, dynamisches Inhaltsverzeichnis
- Kollaboration: totale Fehlanzeige
Aber:
- der Store läuft in einem Browser, es ist kein z.B. iDingens-Softwaregedöns notwendig, selbst Linux reicht – oder ein günstiges Endgerät
- man kann immerhin schon Notizen integrieren oder Stellen für SuS markieren
- schon heute könnte man die Onlineversionen einfach auf ein Tablet laden und dadurch jetzt schon die 20 Kilo-Hackenporsche ersetzen
- zeitnahe Fehlerkorrekturen und Updates sind auch möglich
- es gibt auch eine Offlinelesemöglichkeit
Die Maximalforderungen der Netzgemeinde sehe ich zwar nicht erfüllt, aber es gibt eben schon den einen oder anderen Schritt in die richtige Richtung. Viele Verlage produzieren ihre digitalen Medien mittlerweile so, dass sie in einem Browser laufen. Gehört habe ich aber nicht nur einmal, dass CDs und DVDs in der Lehrerschaft so gar nicht laufen, sondern das im Gegenteil ursprünglich digitale Inhalte mühselig nachträglich gedruckt werden und dann erst wie geschnitten Brot über die Theke gehen. Das zeigt mir wieder einmal, dass die Forderung nach digitalem Material für sich lieb gemeint ist, aber ohne eine entsprechende Nachfrage durch medienkompetente Lehrkräfte eben nicht rentabel. Aber da arbeiten wir Medienberater ja dran…
Die letzte Beobachtung habe ich auch schon machen müssen. Hierzulande hat der Sachaufwandsträger auf den Verwaltungs- und Lehrerzimmerrechnern eine herzallerliebste Lernsoftware zum Umstieg auf Office 2010 installiert – interaktiv, multimedial und was weiß ich noch alles. Der Lehrer an sich hat jedoch nichts besseres zu tun, als die mitgelieferten PDFs (insgesamt etwas über 100 Seiten) auszudrucken und das Computer-Gedöns links liegen zu lassen. So in etwa würde ich das auch bei digitalen U‑Inhalten erwarten – leider ist nur ein verschwindend geringer Teil der Kollegen in der „Netzgemeinde“ aktiv integriert und daher laufen die dortigen Forderungen reichlich ins Leere. Schade, eigentlich.