Warum Schulinspektion allein wertlos ist

Tho­mas Ker­stan erwar­tet gespannt die Schul­in­spek­ti­on an der Grund­schu­le sei­ner Toch­ter, bzw. natür­lich auch die Ergeb­nis­se. Die Schul­in­spek­ti­on ist ein Instru­men­ta­ri­um zu Deskrip­ti­on, zur Dar­stel­lung eines Ist-Zustan­des einer Schu­le und läuft hier in Nie­der­sach­sen hin­sicht­lich der Kri­te­ri­en in mei­nen Augen sehr trans­pa­rent ab. Sehr vie­le Res­sour­cen flie­ßen in die Orga­ni­sa­ti­on der Inspek­ti­on, per­so­nell, finan­zi­ell und ideell – es muss geschult, kon­zep­tio­niert, nach­ge­dacht, reflek­tiert wer­den. Nach der Inspek­ti­on hält die Schu­le einen über­sicht­li­chen Plan über ihre Stär­ken und Schwä­chen in der Hand. Das hört sich doch gut an, oder?

Wohl­wol­lend lie­ße sich for­mu­lie­ren, dass die Deskrip­ti­on eines Ist-Zustan­des immer der ers­te Schritt für nach­hal­ti­ge Qua­li­täts­ent­wick­lung ist. Aus mei­ner guten alten Jugend­ar­beits­zeit ist mir mit Blick auf die „Qua­li­täts­ent­wick­lung“ fol­gen­der Vier­schritt bekannt:

  1. Wo ste­hen wir?
  2. Wo wol­len wir hin?
  3. Wie errei­chen wir das Ziel?
  4. Wel­che kon­kre­ten Maß­nah­men lei­ten wir wann ein?

Die Inspek­ti­on bleibt bei der ers­ten Fra­ge ste­hen. Viel­leicht ver­schrift­licht sie ledig­lich, was an der Schu­le meist dif­fus eh schon bekannt ist – aus unse­rem Inspek­ti­ons­be­richt habe ich z.B. null Über­ra­schun­gen her­aus­ge­le­sen. Trotz­dem ist er natür­lich hilf­reich in bestimm­ten Argumentationssituationen.

Ent­schei­dend ist, dass Schu­le mit den Ergeb­nis­sen der Inspek­ti­on und den letz­ten drei Schrit­ten – also bei der eigent­li­chen Arbeit – weit­ge­hend auf sich gestellt  bleibt oder böse for­mu­liert: Damit allei­ne gelas­sen wird. Die Her­aus­for­de­run­gen sind in der jewei­li­gen Schu­len ent­stan­den – die Her­aus­for­de­run­gen sol­len jetzt intrin­sisch gelöst wer­den. Ich habe gehört, dass Schu­len A14- oder A15-Stel­len für den Bereich der Qua­li­täts­ent­wick­lung aus­schrei­ben und ich habe gehört, dass sol­che oft schul­in­tern besetzt werden.Das hal­te ich für pro­ble­ma­tisch, weil der Fokus dann schnell auf „Noch mehr neben dem Unter­richt“ gelegt wird.

Bes­ser fän­de ich ein umfang­rei­ches und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ges Ange­bot von exter­nem Per­so­nal, um den Kern schu­li­schen Han­delns zu stär­ken, z.B. die Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung von Lehr­per­so­nen und damit den Unter­richt selbst – dafür gibt es kei­ne „inter­ne Instanz“ und die wür­de zudem dort auch gar kei­nen Sinn machen.

Der Nacht­teil liegt auf der Hand: Ein neu­es Kon­zept zu XY ist schnell instal­liert und steht dann in der Lokal­zei­tung. Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung dau­ert und ist kaum pres­se­gän­gig, weil Pres­se und Öffent­lich­keit sel­ten auf Nach­hal­tig­keit schau­en. Teu­er ist es auch. Der Tages­satz von qua­li­fi­zier­ten Refe­ren­ten fängt so bei einem Fünf­tel­jah­res­bud­get für die selbst­stän­di­ge Schu­le an – ein Topf, aus dem hier in NDS noch mehr zu bedie­nen ist… Es ist eben auch eine Fra­ge des Geldes.

Update:

Das Land Nie­der­sach­sen bie­tet den Schu­len mit der Schul­ent­wick­lungs­be­ra­tung eine kos­ten­lo­se Unter­stüt­zung an – aller­dings gehört der Auf­ga­ben­be­reich der Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung von Lehr­kräf­ten nicht zum Kata­log der Ange­bo­te – der müsst also wohl nach wie vor extern „ein­ge­kauft“ wer­den. Geschätz­te Zah­len und Infor­ma­tio­nen zum Qua­li­fi­zie­rungs­pro­zess der zur­zeit 30 Schul­ent­wick­lungs­be­ra­te­rin­nen und ‑bera­ter an vier Stand­or­ten im Land las­sen sich hier fin­den. Mir fehlt als Infor­ma­ti­on eigent­lich nur ein Link auf die Stu­die der Schwei­zer Fir­ma und Infor­ma­tio­nen zum Umfang der Stun­den­ent­las­tung des inner­halb der Schul­ent­wick­lung­be­ra­tung täti­gen Personals.

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5 Kommentare

  • Ich kann in allen Punk­te zustim­men – nur, dass es in Baden-Würt­tem­berg „Fremdevaluation“ heißt.

  • Ich habe jetzt schon zwei Inspek­tio­nen haut­nah mit­er­le­ben dür­fen. Bei­de lie­fen so ab, dass im Vor­feld alle gewünsch­ten Unter­la­gen zusam­men­ge­tra­gen, und wenn nötig, schnell noch zusam­men­ge­schrie­ben wur­den („Was? Wir haben immer noch kein schul­ei­ge­nes Cur­ri­cu­lum für Phy­sik?“). In die­sem Vor­lauf ver­schlech­ter­te sich die Stim­mung im Kol­le­gi­um und es wuchs die noch unbe­grün­de­te Abnei­gung gegen­über der dem­nächst auf­tau­chen­den Kom­mis­si­on. Die­se bestä­tig­te in ihrem Auf­tre­ten und in ihrer (Un-)freundlichkeit alle Vor­ur­tei­le und Nega­tiv­stim­mun­gen, sodass auch der letz­te Kol­le­ge nicht bereit war, auch nur etwas Kon­struk­ti­ves aus der Inspek­ti­on her­aus­zu­ho­len. Somit kam irgend­wann der Inspek­ti­ons­be­richt, alle Kol­le­gen waren sich einig, dass die Inspek­to­ren ent­we­der Unrecht oder gar kei­ne Ahnung haben. Es wur­den deut­li­che Wider­sprü­che ent­deckt: Uns wur­de z.B. man­geln­de Unter­richts­qua­li­tät beschei­nigt (was eigent­lich nur heißt, dass unse­rer Gym­na­si­um zu wenig Grup­pen- und Wochen­plan­ar­beit und sons­ti­ge hip­pe Metho­den bie­tet), gleich­zei­tig wur­de aber ein hoher Lern­erfolg bei den Schü­lern festgestellt…
    Nach der Inspek­ti­on pas­sier­te genau das, was im Bei­trag steht: Nichts.
    Wir war­ten jetzt mal, bis oder ob eine wei­te­re Inspek­ti­on kommt.

    Und was den Sinn von Eva­lua­ti­on angeht: Sie kann mei­ner Mei­nung nach nur funk­tio­nie­ren, wenn sich eine Schu­le selbst ent­schei­det, dass sie sich ver­bes­sern möch­te. Und dann muss auch mehr als eine Pla­nungs­grup­pe an der Eva­lua­ti­on inter­es­siert sein. Wenn die­se Vor­aus­set­zung erfüllt ist, dann kann Eva­lua­ti­on etwas bewir­ken, und sie muss natür­lich regel­mä­ßig durch­ge­führt wer­den, sonst ist sie – wie im Bei­trag gesagt – so sinn­los wie die nie­der­säch­si­sche Schulinspektion.

  • Pingback: Herr Schwarzmüller sagt… etwas über Schulinspektion | gleich8

  • Herr Schwarz­mül­ler, wis­sen Sie, wie die Schul­in­spek­ti­on den Schul­erfolg gemes­sen hat und über wel­chen Zeitraum?

  • @Marek
    Das Inspek­ti­ons­team besucht eine Schu­le über einen Zeit­raum von einer Woche. In Abhän­gig­keit von der Schul­grö­ße wird wahr­schein­lich nach einem Sys­tem (?) Unter­richt besucht und zwar jeweils von zwei Inspektor(inn)en, die inner­halb von unglaub­lich kur­zer Zeit (ca. 20–25 Minu­ten) aller­hand Kri­te­ri­en „abha­ken“. Zusätz­lich wer­den im Vor­we­ge Kon­zep­te der Schu­le gesich­tet und Inter­views mit ein­zel­nen Per­so­nen­grup­pen durch­ge­führt. Ich wur­de in mei­nem Unter­richt z.B. gar nicht besucht, war aber beim Lehr­kraft­in­ter­view dabei, was nach einem Gesprächs­leit­fa­den geführt wird, d.h. für jede Schu­le die glei­chen Fra­gen in der glei­chen Abfolge.
    Die­se Gesprächs­leit­fä­den fin­den sich hier in NDS für alle mög­li­chen Situa­tio­nen – natür­lich dann mit ange­pass­ten Fra­gen – wie­der, z.B. auch Einstellungsgespräche.
    Sie sind mei­nes Erach­tens dazu da, dass man sie aus­he­belt, da man sonst ein Gespräch kaum domi­nie­ren kann :o)…
    Man soll­te nicht ver­ges­sen, dass kaum Erfah­run­gen mit der Schul­in­spek­ti­on im Vor­we­ge gab und natür­lich auch die Inspek­to­ren­teams dann qua­si „im Pro­zess“ viel dazu­ge­lernt haben, was bei nach­fol­gen­den Inspek­tio­nen bestimmt zu Modi­fi­ka­tio­nen führt. Schwie­rig fin­de ich, dass das Ding auf Ver­gleich­bar­keit hin ange­legt ist, die Ergeb­nis­se jedoch nicht öffent­lich, son­dern allen­falls schul­öf­fent­lich sind. 

    Gruß,

    Maik

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