The times, they are a‑changin‘

Ori­gi­nal­text bei: sing365 / Über­set­zung (gibt das Ori­gi­nal nur sinn­ge­mäß wie­der!) bei: golyr.

Ich hät­te ger­ne den Song­text zum Mit­le­sen hier ver­öf­fent­licht. Lei­der geht das aus ver­schie­de­nen Grün­den nicht.  Also macht euch am bes­ten einen neu­en Tab auf…

Der Song ist ja nun schon ein wenig älter, was man vor allem dar­an sieht, dass man Bob Dylan noch ver­steht und er auch die Into­na­ti­on hält. Beim Inhalt war ich immer wie­der erstaunt, wie wenig neu unse­re momen­ta­ne Dis­kus­si­on um Web2.0 und den damit ver­bun­de­nen gesell­schaft­li­chen Wan­del doch ist. Der Duk­tus ist der glei­che, den Text kann ich 1:1 neben jeden Web2.0‑freundlichen oder ‑feind­li­chen Arti­kel legen.

Was sich in den 60er Jah­ren gesell­schaft­lich geän­dert hat, ist hin­läng­lich bekannt und durch­ge­kaut. Span­nend scheint mir die Über­tra­gung auf unse­re Zeit und zwar nicht die Dis­kus­si­on, son­dern die Kon­se­quen­zen. Was ändert sich?

  1. Das Inter­net wird/ist mobil: Jede Fra­ge im Unter­richt kann in spä­tes­tens vier bis fünf Jah­ren live gegoo­gelt wer­den. Das ist ein Pro­blem für klas­si­schen Unter­richt. Ver­bo­te von Mobil­ge­rä­ten unter dem Vor­wand eines poten­ti­el­len Miss­brauchs wer­den nicht mehr lan­ge zu hal­ten sein. Hier hilft außer Wis­sen und Kom­pe­ten­zen gar nichts.
  2. Das Inter­net führt zu einer Spal­tung 1: Es gibt Men­schen, die des nut­zen und sol­che, die das nicht tun. Die Wirt­schaft nutzt es aus­gie­big, um Kos­ten zu mini­mie­ren (z.B. Online­ban­king). Die­se Ent­wick­lung wird sich fort­set­zen – dras­tisch -, da nur so Wachs­tum mög­lich ist. Men­schen, die das Inter­net nicht nut­zen können/wollen, wer­den auf teu­re Dienst­leis­tun­gen ange­wie­sen sein und dadurch wirt­schaft­li­che Nacht­tei­le erlei­den – es geht dann direkt an den Geld­beu­tel. Hier hilft außer Wis­sen und Kom­pe­ten­zen gar nichts.
  3. Das Inter­net führt zu einer Spal­tung 2: Es gibt Men­schen, die Ober­flä­chen benut­zen und den maxi­ma­len Vor­teil für sich dar­aus zie­hen um den Preis der Infor­ma­tio­nen, die sie über sich ver­öf­fent­li­chen. Was mit die­sen Daten gesche­hen wird, weiß nie­mand. Zu hof­fen, dass allein die Fül­le der bald ein­ge­speis­ten Daten einen Schutz dar­stel­len wird, ist ange­sichts dra­ma­tisch ange­stei­gen­der Pro­zes­sor­leis­tun­gen naiv. Es gibt Men­schen, die die­se Ober­flä­chen ent­wi­ckeln und Funk­tio­nen hin­zu­fü­gen und ent­zie­hen kön­nen. Wenn Frat­zen­buch dich nicht mag, löscht oder sperrt es halt dei­nen Account. Und schon sind fünf Jah­re vir­tu­el­ler Iden­ti­täts­bau Date­müll. Vor­wän­de dafür gibt es vie­le. Wir erhal­ten also im vir­tu­el­len Raum kom­plett ande­re Macht­ver­hält­nis­se. Zu hof­fen, das kön­ne man durch eine Gesetz­ge­bung regu­lie­ren, hal­te ich ange­sichts der momen­ta­nen inter­net­po­li­ti­schen Kom­pe­ten­zen der Par­tei­en größ­ten­teils für naiv. Hier hilft außer Wis­sen und Kom­pe­ten­zen gar nichts.
  4. Das Inter­net revo­lu­tio­niert die Kom­mu­ni­ka­ti­on – es ist egal, wo mein Gegen­über sitzt. Ich kann in Echt­zeit mit ihm gemein­sam Doku­men­te gestal­ten, über Sky­pe kom­mu­ni­zie­ren, bei­des par­al­lel machen – was weiß ich. Ein paar Sachen gehen nicht: Zur Kom­mu­ni­ka­ti­on gehö­ren auch immer Kör­per, Geruch, Klang, Intui­ti­on – also eher infor­mel­le Aspek­te, die das Netz nur sehr bedingt abbil­den kann.
  5. Das Inter­net revo­lu­tio­niert die Wis­sens­dis­tri­bu­ti­on – jeder kann Wis­sens­ar­te­fak­te ein­spei­sen. Seit­dem ich das Inter­net nut­ze, fin­de ich hau­fen­wei­se Feh­ler in z.B. Schul­che­mie­bü­chern, die zwar didak­tisch begründ­bar sind, jedoch das eigent­li­che Wis­sen oft ver­hin­dern. Das bedeu­tet auch, dass Ver­la­ge ihr Mono­pol auf Infor­ma­ti­ons­dis­tri­bu­ti­on mehr und mehr ver­lie­ren wer­den, wie das auch für Schu­le gel­ten wird. Das Bil­dungs­mo­no­pol von insti­tu­tio­nel­ler Schu­le wird fallen.

Wel­che Kon­se­quen­zen erge­ben sich daraus?

  1. Es wird nicht vor­bei­ge­hen. Je län­ger ich war­te, mich auf die­se neue Welt ein­zu­las­sen, des­to wei­ter wer­de ich in bestimm­ten Aspek­ten an den Rand unse­rer Gesell­schaft gedrückt wer­den und auch kla­re finan­zi­el­le Nacht­tei­le erlei­den, weil ich auf Dienst­leis­ter ange­wie­sen bin. Gera­de im Alter!
  2. Mei­nen bis­he­ri­gen Unter­richt wer­de ich in die­ser Form nicht mehr lan­ge machen kön­nen, weil das Sys­tem „alle ler­nen im Gleich­schritt das Glei­che“ nicht mehr zeit­ge­mäß ist. Das Sys­tem wird auf­grund der per­ma­nen­ten Geld­ver­tei­lungs­op­ti­mie­rungs­er­for­der­nis­se Schu­le in die­ser Form noch eine gan­ze Wei­le stüt­zen, bis ande­re, bil­dungs­tech­nisch poten­te­re Volks­wirt­schaf­ten uns zu über­ren­nen dro­hen und wir es wirt­schaft­lich spü­ren. Dann wird es im Bil­dungs­be­reich zu Refor­men und zu der Erkennt­nis kom­men, dass Indi­vi­dua­li­sie­rung nicht allein in der finan­zi­ell neu­tra­len Selbst­ver­ant­wor­tung der Lern­grup­pe liegt – die­se Vor­stel­lung hal­te ich für naiv – son­dern in einer gleich­zei­ti­gen immensen Auf­sto­ckung und Qua­li­fi­zie­rung des Per­so­nals bei Ver­klei­ne­rung der Lern­grup­pen. Und ja: Insti­tu­tio­nen wie Schu­le wer­den Kin­der noch lan­ge Zeit auf­fan­gen müs­sen, deren Eltern noch nicht dem Star-Trek-Ide­al fol­gend Bil­dung ermög­li­chen. Das kann sowohl für einen kli­schee­haf­ten „Under­dog­haus­halt“ gel­ten als auch für das gut­bür­ger­li­che Kind, das Emo­ti­ons­sub­sti­tu­te in Form von unbe­glei­te­ter Medi­en­über­häu­fung erfährt.
  3. Das Inter­net bedroht unse­re Mün­dig­keit durch eine Illu­si­on der­sel­ben – nicht wir erschaf­fen Wel­ten, son­dern wir fül­len Wel­ten, die ande­re gebaut haben, mit Infor­ma­tio­nen. Die vir­tu­el­le Welt kon­fi­gu­riert sich so, dass sie uns mehr Infor­ma­tio­nen ent­lockt, unser Bedürf­nis nach Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung maxi­mal zweck­ge­bun­den befrie­digt. Ich wage zu behaup­ten, dass, wenn wir uns mit glei­chem Eifer in unse­rer Umwelt ver­net­zen, wie wir es im Netz tun, ähn­li­che Flows ent­ste­hen. Ich fin­de aber bei­des wich­tig. Bil­dung muss hier ein Bewusst­sein schaf­fen, damit ich zwi­schen bei­den Ange­bo­ten mei­ne indi­vi­du­el­le Balan­ce fin­de. Das ist Mün­dig­keit. Und die kann ich auch mit rea­len Men­schen z.B. in einer Schu­le ler­nen. Ich ken­ne kei­ne Appli­ka­ti­on, die ganz genau die­se Anfor­de­rung bes­ser umsetzt als Mahara.
  4. Es geht nicht ohne ein Grund­wis­sen über Tech­nik – Ich kann Ober­flä­chen, Kon­zep­te, Ange­bo­te nicht beur­tei­len ohne eine grund­sätz­li­che Wis­sens­ba­sis im tech­ni­schen Bereich. Wie soll ich als Medi­en­päd­ago­ge Poten­tia­le von Face­book mün­dig beur­tei­len, wenn ich nicht in Grund­zü­gen weiß, wie die Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung dort unge­fähr abläuft, was tech­nisch z.B. der Unter­schied zwi­schen einer Deak­ti­vie­rung und einer Löschung ist? Natür­lich kann ich mich auch auf ande­re ver­las­sen. Aber auch die­se „ande­ren“ müs­sen aus­ge­bil­det werden.

Zusam­men­fas­sung

Es gibt für Schu­le noch genug zu tun. Es wird Pha­sen geben, in denen eine stren­ge Füh­rung wich­tig ist und es wird Pha­sen geben, in denen das für maxi­ma­le Frei­heit und Selbst­steue­rung gilt.  Es wird eine päd­ago­gi­sche Her­aus­for­de­rung blei­ben, an die­ser Stel­le Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Ich den­ke, dass man mir in zuneh­men­den Maße mein altes fach­me­tho­di­sches Reper­toire weg­neh­men wird. Ich weiß, das mein Fach­wis­sen, mein Wis­sen um Fach­di­dak­tik und mei­ne päd­ago­gi­schen Kom­pe­ten­zen blei­ben wer­den. Spannend.

Die Zei­ten ändern sich. Aber wir wer­den nicht alle in einer Kom­mu­ne mit aus­ge­häng­ten Klo­tü­ren leben, son­dern es wird vie­le ver­schie­de­ne Lebens­an­sät­ze geben und das dürf­te doch zumin­dest dafür sor­gen, die Angst vor den Ver­än­de­run­gen zu bändigen.

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