Oxymoron und Paradoxon
Heute hat mich einmal mehr eine Schülerin auf dem falschen Fuß erwischt. Bewaffnet mit einem mir fremden Zettelchen – SuS mögen Zettelchen mit Zusammenfassungen – fragte sie nach dem Unterschied zwischen zwei Stilformen: Dem Paradoxon und dem Oxymoron. Dabei brachte sie folgende Beispiele:
- uniformierte Individulität (Paradoxon)
- geliebter Feind (Oxymoron)
Sie verstünde den Unterschied nicht – in beiden Stilfiguren gehe es schließlich um den Begriff der Unvereinbarkeit zweier Lexeme.
Netter Weise führen zusätzlich nicht alle Lexika das Paradoxon überhaupt als rhetorische Stilfigur (darüber lässt sich ja auch trefflich streiten), während Tante Wikipedia sogar noch weiter ausdifferenziert. Eduhi.at macht es so:
- Oxymoron: Verbindung zweier sich nach dem Wortsinn widersprechender Begriffe
- Paradoxon: Aussage, die im Widerspruch zum gesunden Menschenverstand zu stehen scheint.
Ja nun – Steht ein Widerspruch etwa nicht im Kontrast zum „gesunden Menschenverstand“? Ist damit das Oxymoron nicht gleichzeitig auch paradox?
Wenn z.B. eine Lebensform so wächst, dass sie in der Vergangenheit erwachsen ist und in der Zukunft erst geboren wird, so handelt es sich unbestreitbar um ein Paradoxon (Dank an Star Trek TNG – da kommt sowas in der letzten Staffel einmal vor).
Ich glaube, dass das eigentliche Problem die Beispiele sind. Wie wäre es so:
- Dümmer als dumm (Paradoxon)
- Schwarze Milch (Oxymoron)
In beiden Fällen sind die Begriffe unvereinbar. Ein Oxymoron kann aber ohne direkten Gegensatz – Milch belegen wir intuitiv sofort mit „weiß“, auch wenn dieses Attribut dort explizit nicht steht – nicht funktionieren, während die semantische Variationsbreite beim Paradoxon weitaus größer ist, wenn man mein Beispiel noch mit hinzuzieht. So könnte es vielleicht klappen.
Hallo Maik,
danke für das Beispiel der schwarzen Milch. Hatte seit Ewigkeiten nicht mehr an das Holokaust-Gedicht gedacht.
Liebe Grüße,
Stephan
Beide Beispiele der Schülerin,
1. uniformierte Individulität und
2. geliebter Feind,
sind Oxymora, denn ein Oxymoron ist ein _Ausdruck_ bestehend aus 2 kontrastierenden Begriffen (Wer Griechisch kann, ist klar im Vorteil). Das kann ein Kompositum sein oder ein Substantiv modifiziert durch ein Adjektiv oder ein Adjektiv modifiziert durch ein Adverb.
Da aber jedes Oxymoron ein stark komprimiertes Paradoxon ist, sind beide Beispiele gleichzeitig Paradoxa. Ein Paradoxon ist eine _Aussage_ oder ein Sachverhalt, der widersprüchlich scheint. Ergo: Jedes Oxymoron ist ein Paradoxon.
Diese Differenzierung geht auch aus den obenstehenden Definitionen von hervor, man muss nur schon vorher wissen, wo die wesentlichen Kriterien zu suchen sind:
Oxymoron: _Verbindung_ zweier (sich [nach dem Wortsinn] widersprechender) Begriffe
Paradoxon: _Aussage_(, die im Widerspruch zum gesunden Menschenverstand zu stehen scheint.)
„Dümmer als dumm“ kann dagegen kein Oxymoron im engeren Sinne sein, da es erstens kein Wort ist, sondern eine Wortgruppe, und zweitens, weil „dümmer“ nicht das Gegenteil von „dumm“ ist. Wenn man „dumm“ für ein absolutes Adjektiv hält, kann man die Phrase als Paradoxon klassifizieren; der Widerspruch läge dann aber in der Tatsache, dass etwas unsteigerbares in den Komparativ gesetzt wird. Ein solches Paradoxon wäre „töter (als tot)“.
In erster Linie halte ich „dümmer als dumm“ aber für eine Hyperbel: Jemand ist ganz besonders dumm, nämich noch dümmer als man sich unter dem Begriff „dumm“ eigentlich vorstellt.
Aus Gründen der Einfachheit wird der Begriff des Oxymorons oft semantisch ausgedehnt, damit er auch zwei kontrastierende Begriffe innehalb eines Satzes oder auch über Satzgrenzen hinaus abdecken kann und man sich den Aufwand der Unterscheidung vom Paradoxon spart. Dies funktioniert nach Prozessen der Metonymie/über Teil-Ganzes-Beziehungen. So kommt es, dass das Oxymoron im weiteren Sinne dann plötzllich als Synonym zum Paradoxon in Erscheinung tritt. Normativ gesehen ist es inkorrekt, Phrasen wie „Wenn du’s eilig hast, gehe langsam“ als Oxymoron zu bezeichnen. Andererseits entscheidet ja offenbar der Sprachgebrauch darüber, was richtig und falsch ist. Wenn alle den Begriff so verwenden, wird diese Verwendung irgendwann richtig.
Umgekehrt kann man zur Vereinfachung auf den Unterbegriff verzichten und jede Kombination widersprüchlicher Begriffe unabhängig von ihrer Konstellation als Paradoxon bezeichnen. Daher die allgemeine Verwirrung.
Sehr gut erklärt , danke!
Bittsteller zum Beamten:
Warum fragen sie sowas dummes?
Beamter: Wir Beamten wollen das ja auch verstehen
Bittsteller: Dieser Satz ist ein Oxymoron
Ein Oxxymoron ist ein scheinbares Paradoxon, ich kann die Milch schwarz färben aber es bleibt Milch. Ein Paradoxon lässt sich nicht wirklich verbinden,z.B. ein kluger AFD ler oder ein schnell arbeitender Beamter. Ein Paradoxon schließt immer aus ein Oxxymoron nur scheinbar, der kleine Riese.