Kohlenstoffdioxidausstoß – Grenzwert der EU
Gerade habe ich in meinem Kurs aus grundlegendem Niveau (das heißt in anderen Bundesländern „Grundkurs“) folgende Aufgabenstellung für das Abiturtraining herausgegeben. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit langweiligen Rechnungen zur molaren Masse doch recht aktuell sein kann… Das Beispiel ist durch die Beschränkung auf Octan natürlich recht stark idealisiert, liefert aber erstaunlich realistische Zahlenwerte, was mich zu der Frage führt, ob in der EU-Komission wirklich mir realistischeren Kraftstoffzusammensetzungen gerechnet wird.
Einleitung:
In der EU wurde vorgeschlagen, einen verbindlichen Grenzwert für den CO2-Ausstoß von Neuwagen vorzuschreiben. Dabei wurde ein Grenzwert von 130g/km vorgeschlagen. Dies stieß auf heftigen Widerstand der Automobilhersteller und führte zur Einführung zahlreicher Ausnahmeregelungen. Der CO2-Ausstoß eines Automobils ist direkt abhängig vom seinem Verbrauch, der in l/100km angegeben wird.
Aufgaben:
- Wie viel Liter Benzin darf ein Neuwagen laut dieser Vorschrift maximal verbrauchen, um den geforderten Grenzwert einzuhalten? Gehen sie vereinfacht davon aus, dass Benzin lediglich aus Octan (Dichte: 0,7g/cm3) besteht und im Motor vollständig verbrannt wird.
- Ein Porsche Cayenne Turbo S verbraucht bei Höchstgeschwindigkeit und extremen Beschleunigungsmanövern bis zu 66,7 Liter Kraftstoff auf 100km (10,6 Liter Durchschnittsverbrauch lt. Hersteller, Quelle: Bild.de). Um wie viel Prozent wird dann bei diesen extremen Betriebsbedingungen der von der EU vorgesehene Grenzwert überschritten, wenn Sie von den gleichen Voraussetzungen wie bei Aufgabenteil 1) vorgehen?
- Wie viele kg Glucose (Dichte: 1,562g/cm3) muss eine Pflanze auf natürlichem Weg produzieren, damit die Energiemenge geliefert werden kann, die ein EU-Norm konformes Automobil auf 100km umsetzt?
Die Rechnung ist nur im ersten Fall ein wenig aufwendiger.
Aufgabe 1:
Schritt 1: Aufstellen der Reaktiongleichung
2 C8H18(l) + 25 O2(g) → 16 CO2(g) + 18 H2O(g)
=> bezogen auf 1 Mol Octan (C8H18) erhält man 8 Mol Kohlenstoffdioxid (CO2)
=> damit beträgt das Anzahlverhältnis n(C8H18) : n(CO2) = 1 : 8
Schritt 2: Wie viel Mol Kohlenstoffdioxidmoleküle sind in 130g Kohlenstoffdioxidgas enthalten?
geg.: M(CO2) = 44g/mol ; m(CO2) = 130g
ges.: n(CO2)
allg. gilt: M=m/n <=> n=m/M
einsetzen: n = 130g/44g/mol = 2,95455mol
=> Pro Kilometer dürfen ca. 2,95 Mol Kohlenstoffdioxidmoleküle ausgestoßen werden
Schritt 3: Berechnung des zugehörigen Verbrauchs an Octan in mol/km
nach Schritt (1) gilt: n(C8H18) : n(CO2) = 1 : 8
hier: n(C8H18) : n(CO2) = x : 2,95
Verhältnis bilden: 1/8 = x / 2,95 <=> x = 0,36875mol
=> Es werden bei genauer Einhaltung des Grenzwertes ca. 0,37 Mol Octan je Kilometer verbraucht
Schritt 4: Umrechnung auf die Masse an Octan je Kilometer
geg.: n=0,37mol ; M(C8H18)=114g/mol
ges.: m(C8H18)
allg. gilt: M=m/n <=> m=M*n
einsetzen: m=114g/mol * 0,37mol = 42,18g
=> Pro Kilometer werden 42,18g Octan umgesetzt.
Schritt 5: Verbrauch in l/100km berechnen
geg.: m(C8H18) = 42,18g (pro Kilometer) ; Ρ=0,7g/cm³
ges.: V(C8H18) [cm³]
allg. gilt.: Ρ=m/V <=> V=m/Ρ
einsetzen: V=42,18g/0,7g/cm³=60,2571cm³
=> Pro Kilometer werden ca. 60,26cm³ = 60,26mL = 0,06026L Octan verbraucht
=> Auf 100km bezogen ergibt sich ein Verbrauch von 6,026l.
Ein Auto, welches die EU-Norm erfüllt, darf also 6,026LOctan auf 100km verbrauchen.
Aufgabe 2:
Bekannt ist aus Aufgabe 1, dass ein Verbrauch von 6,026L/100km einem Kohlenstoffdioxidausstoß von ca. 130g/km entspricht. Jetzt ist nach dem Kohlenstoffdioxidausstoß eines Autos gefragt, welches bei Vollgas 66,7L/100km verbraucht.
Verhältnisgleichung aufstellen:
6,026L/100km : 130g/km = 66,7L/100km : x g/km
<=> x = 1385,14g/km
Damit wird der EU-Grenzwert bei Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs (270km/h) um 1385,14g/km : 130g /km = 10,655 (ca. 1066%) überschritten.
Beim angegebenen Durchschnittsverbrauch von 10,6L/100km wären es lediglich ca. 170% Überschreitung.
Was lernt man daraus (trotz der sehr idealisierten Rechnung):
- Vollgasfahrten sind Gift für die Umwelt / die Kohlenstoffdioxidbilanz eines Fahrzeugs
- Mit SUVs wird sich ein Grenzwert von 130g/km schwerlich einhalten lassen, wenn man den Duchschnittsverbrauch zu Grunde legt
Einen Ausweg könnte z.B. die Einbeziehung des Fahrzeuggewichtes schaffen – ein effizientes Auto bewegt bei minimalem Energieeinsatz möglichst viel Masse. Ein Kollege machte heute eine spannende Rechnung auf: Sein Auto (1800kg Leergewicht) wird benutzt, um einen 85kg schweren Körper 30km weit zu kutschieren. Effizienz sieht ja so nun nicht aus… Zu beachten ist – mit Dank an das SMART-Forum – dass die 66,7 Liter bei extremen Bedingungen einen Momentanverbrauch darstellen, der über einen längeren Zeitraum hinweg natürlich nicht erreicht wird. Wahrscheinlich würde aber gerade ein SMART unter Einbezug des Fahrzeuggewichtes von der Effizienz her nicht sehr gut dastehen…
Aufgabe 3:
Schritt 1: Berechnung der Energiemenge für die Verbrennung von einem Mol Octan
geg.: (1) 2 C8H18(l) + 25 O2(g) → 16 CO2(g) + 18 H2O(g)
ΔfHM0(C8H18(l)) = ‑260kJ/mol ; ΔfHM0(O2) = 0kJ/mol ;
ΔfHM0(CO2(g)) = ‑393kJ/mol ; ΔfHM0(H2O(g)) = ‑242kJ/mol
(Quelle der Bildungsenthalpiewerte: http://webbook.nist.gov/)
ges.: ΔRHM0 von Gleichung (1)
allg. gilt: ΔRHM0 = 1/2*[16*ΔfHM0(CO2(g)) + 18*ΔfHM0(H2O(g))]
-[2*ΔfHM0(C8H18(l)) + 25*ΔfHM0(O2)]
eins.: ΔRHM0 = 1/2*[16*-393kJ/mol + 18*-242kj/mol]
-[2*-260kJ/mol + 25*0kj/mol]
= -5062kJ/mol
=> Bei der Verbrennung von einem Mol Octan wird eine Energiemenge von 5062kJ frei.
Schritt 2: Umrechnung auf den Octanverbrauch auf 100km
Aus Aufgabenteil 1 ist bekannt, dass pro Kilometer ca. 0,37mol Octan verbraucht werden dürfen, um die EU-Norm zu erfüllen. Bezogen auf 100km sind das 100*0,37mol=37mol Octan. Diese Stoffmenge setzt bei der Verbrennung eine Energiemenge von 37mol*-5062kJ/mol=-187294kJ frei.
Schritt 3: Berechnung der Energiemenge für die Verbrennung von einem Mol Glucose
geg.: (2) C6H12O6 (s) + 6 O2(g) → 6 CO2(g) + 6 H2O(g)
ΔfHM0(C6H12O6 (s)) = ‑1260kJ/mol ; übrige Werte vgl Schritt 1
ges.: ΔRHM0 von Gleichung (2)
allg. gilt: ΔRHM0 = [6*ΔfHM0(CO2(g)) + 6*ΔfHM0(H2O(g))]
-[2*ΔfHM0(C6H12O6 (s)) + 6*ΔfHM0(O2)]
eins.: ΔRHM0 = [6*-393kJ/mol + 6*-242kj/mol]
-[-1260kJ/mol + 6*0kj/mol]
= -2550kJ/mol
=> Bei der Verbrennung von einem Mol Glucose wird eine Energiemenge von 2550kJ frei.
Schritt 4: Berechnung der erforderlichen Masse an Glucose
Aus Schritt 2 bekannt, dass durch die Glucose eine Energiemenge von 187294kJ pro 100km geliefert werden muss. Diese Energiemenge kann von ‑187294kJ/-2550kJ/mol = 73,45mol (gerundet) Glucose geliefert werden.
Da Glucose eine molare Masse von M(C6H12O6)=180g/mol besitzt, errechnet sich die gesuchte Masse an Glucose gemäß m = n*M bzw. m=73,45mol*180g/mol=13220,8g=13,2kg (gerundet).
Eine Glucoseportion von m=13,2kg muss von der Pflanze gebildet werden, um den Energiegehalt von ca. 6l Octan zu erreichen.
Kurze Frage: Bei der Verbrennung von Octan bzw Glucose entsteht jeweils H2O (g). Im Buch (S. 57) entsteht bei der Verbrennungreaktion immer H2O (l), was eine andere Sandardbildungsenthalpie besitzt und somit ein anderes Ergebnis für die Reaktionsenthalpie rauskommt! Was ist richtig?
Du musst ja vorher sowieso die Werte angeben, mit denen du jeweils rechnest. Wenn du Kohlenwasserstoffe mit offener Flamme verbrennst, kannst du erst in einer Kühlfalle flüssiges Wasser nachweisen. Daher kannst du bei diesen Verbrennungsreaktionen davon ausgehen, dass gasförmiges Wasser entsteht.
Bei der von dir zitierten Stelle aus dem Lehrwerk geht es um die Bestimmung der Standardbildungstenhalpie von Propan. Wenn du dort mit gasförmigen Wasser rechnest, würdest du quasi den Betrag der molaren Verdampfungsenthalpie des Wassers mit in diese Standardbildungsenthalpie „einpreisen“ – was in dem speziellen Fall natürlich Unsinn ist.