Gemischtes Schlafen auf Freizeiten

Mal ganz ehr­lich jetzt: Vie­le ein­schlä­gi­ge Erfah­run­gen mit dem ande­ren Geschlecht wer­den im Urlaub gemacht. Und der Urlaub von Jugend­li­chen beschränkt sich oft auf Frei­zei­ten aner­kann­ter Trä­ger. Mit Erfah­rung mei­ne ich dabei gar nicht ein­mal die letz­te Kon­se­quenz des „Bei­schla­fes“, son­dern haupt­säch­lich die gan­ze Band­brei­te, die noch „davor“ kommt. Wer hat sich denn nicht „damals“ in Mäd­chen­zelt geschli­chen? Oft ging es ledig­lich dar­um, etwas „Ver­bo­te­nes“ zu tun, manch­mal harr­te auch die „Neu­erwer­bung“ des Tages eines Besu­ches im Schutz der Dunkelheit.
Der Staat for­dert jeden aner­kann­ten Trä­ger aus­drück­lich zur einer Erzie­hung zur Frei­heit­lich­keit und Selbst­stän­dig­keit auf. Zu Frei­heit­lich­keit und Selbst­stän­dig­keit gehört ja auch irgend­wie die unge­stör­te sexu­el­le Ent­wick­lung. Es ist ver­bo­ten, Mäd­chen und Jun­gen gemischt schla­fen zu las­sen und das aus gutem Grund. Es ist aber nicht ver­bo­ten, einer gemisch­ten Grup­pe einen Besuch des nahe­ge­le­gen Dor­fes zu gestat­ten. Als wenn man es nur nachts „tun“ könn­te! (==> übri­gens auch eine Unlo­gik vie­ler Eltern).

Der Staat droht
Es ist zunächst unbe­dingt erfor­der­lich, die Geset­zes­la­ge zu die­sem The­ma unter die Lupe zu neh­men. Die infra­ge­kom­men­den Vor­schrif­ten fin­det man im Straf­ge­setz­buch. Ange­zeig­te Ver­stö­ße kön­ne somit poten­ti­ell emp­find­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen. Schau­en wir uns das Gan­ze ein­mal näher an:

§180 StGB Abs. I – För­de­rung sexu­el­ler Hand­lun­gen Minderjähriger
(I) Wer sexu­el­le Hand­lun­gen einer Per­son unter sech­zehn Jah­ren an oder von einem Drit­ten oder vor einem Drit­ten oder sexu­el­le Hand­lun­gen eines Drit­ten an einer Per­son unter sech­zehn Jahren
(1) durch sei­ne Vermittlung
(2) durch Gewäh­ren oder Ver­schaf­fen von Gelegenheit
Vor­schub leis­tet, wird mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft. Satz 1 Nr.2 ist nicht anzu­wen­den, wenn der zur Sor­ge für die Per­son Berech­tig­te han­delt; dies gilt nicht, wenn der Sor­ge­be­rech­tig­te durch Vor­schub­leis­ten sei­ne Erzie­hungs­pflicht gröb­lich verletzt.

Für uns heißt das ganz lapi­dar: Wenn wir eine Grup­pe von Männ­lein und Weib­lein, wo auch nur ein Teil­neh­mer noch nicht sech­zehn ist, gemein­sam unter bestimm­ten Bedin­gun­gen über­nach­ten las­sen, machen wir uns straf­bar („Ver­schaf­fen von Gele­gen­heit“). Der Pas­sus mit der Sor­ge­be­rech­ti­gung gilt für uns aus­drück­lich nicht. Das Sor­ge­recht haben näm­lich in der Regel nur die Eltern. Das was wir auf Frei­zei­ten haben, könn­te man am ehes­ten mit „Erzie­hungs­recht“ bezeichnen.

§182 StGB Abs. I und II – Sexu­el­ler Miß­brauch von Jugendlichen
(I) Eine Per­son über acht­zehn Jah­re, die eine Per­son unter sech­zehn Jah­ren dadurch miß­braucht, daß sie
(1) unter Aus­nut­zung einer Zwangs­la­ge […] sexu­el­le Hand­lung an ihr vor­nimmt oder an sich von ihr vor­neh­men läßt oder
(2) […] – hof­fent­lich nicht rele­vant in der Jugendarbeit
wird mit Frei­heitstra­fe bis zu fünf Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft.
(II) Eine Per­son über ein­und­zwan­zig Jah­re, die eine Per­son unter sech­zehn Jah­ren dadurch miß­braucht, daß sie
(1) unter Aus­nut­zung einer Zwangs­la­ge […] sexu­el­le Hand­lung an ihr vor­nimmt oder an sich von ihr vor­neh­men läßt oder
(2) […] – hof­fent­lich nicht rele­vant in der Jugendarbeit
und dabei die feh­len­de Fähig­keit des Opfers zur sexu­el­len Selbst­be­stim­mung aus­nutzt, wird mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft.
(3) In Fäl­len des Absat­zes II wird die Tat nur auf Antrag ver­folgt, es sei denn, daß die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de wegen des beson­de­ren öffent­li­chen Inter­es­ses an der Straf­ver­fol­gung ein Ein­schrei­ten von Amts wegen für gebo­ten hält.
(4) In den Fäl­len der Absät­ze I und II kann das Gericht von Stra­fe nach die­sen Vor­schrif­ten abse­hen, wenn bei Berück­sich­ti­gung des Ver­hal­tens der Per­son, gegen die sich die Tat rich­tet, das Unrecht der Tat gering ist.

Soll hei­ßen: Ein über acht­zehn­jäh­ri­ger, der die Brust eines fünf­zehn­jäh­ri­gen Mäd­chen strei­chelt (soll ja vor­kom­men), macht sich erst­mal straf­bar, wobei bei einem „Ablauf mit bei­der­sei­ti­gem Ein­ver­ständ­nis“ im Fal­le einer Anzei­ge mit der Anwen­dung der Sät­ze (3) und (4) zu rech­nen ist. Auf jeden Fall gibt das bei einer Anzei­ge ganz bösen Streß…

§223b Abs.I und II – Miss­hand­lung von Schutzbefohlenen
(I) Wer Per­so­nen unter acht­zehn Jah­ren oder wegen Gebrech­lich­keit oder Krank­heit Wehr­lo­se, die sei­ner Für­sor­ge oder Obhut unter­ste­hen […] oder die von den Für­sor­ge­pflich­ti­gen sei­ner Gewalt über­las­sen wor­den sind oder durch ein Dienst- oder Arbeits­ver­hält­nis von ihm abhän­gig sind, […] (tut), oder wer durch bös­wil­li­ge Ver­nach­läs­si­gung sei­ner Pflicht, für sie zu sor­gen, sie an der Gesund­heit schä­digt, wird mit Frei­heits­stra­fe von sechs Mona­ten bis zu fünf Jah­ren, in min­der schwe­ren Fäl­len mit Frei­heits­stra­fe bis zu fünf Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft.
(II) In beson­ders schwe­ren Fäl­len ist die Frei­heits­stra­fe von einem Jahr bis zu zehn Jah­ren. Ein beson­ders schwe­rer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter die schutz­be­foh­le­ne Per­son durch die Tat in die Gefahr
(1) des Todes oder einer schwe­ren Kör­per­ver­let­zung (§224) oder
(2) einer erheb­li­chen Schä­di­gung der kör­per­li­chen oder psy­chi­schen Entwicklung
bringt.

Auf Frei­zei­ten sind die Teil­neh­mer die Schutz­be­foh­le­nen und sind uns als Mit­ar­bei­tern in die Für­sor­ge und Obhut über­ge­ben. Nun stellt Euch mal z.B. Fol­gen­des vor: Ihr fangt mit einer Teil­neh­me­rin etwas an – nur wohnt sie weit ent­fernt von Eurem Hei­mat­ort. Sie hat sehr spie­ßi­ge Eltern, denen auf­fällt, daß ihr „Kind“ nach der Rück­kehr sehr trau­rig ist, weil auf der Fahrt wohl eini­ges gelau­fen ist, was sich nun nicht fort­set­zen läßt. Es kommt zu einer Anzei­ge – oh, oh, oh. Ihr bekommt auch ohne Ver­ur­tei­lung gewal­ti­gen Ärger und schlaf­lo­se Näch­te. Zudem war es wahr­schein­lich die letz­te Frei­zeit des betref­fen­den Trä­gers. Unwahr­schein­lich? Es soll schon Fäl­le gege­ben haben, wo das ganz dumm gelau­fen ist. Hier daher Regel Num­mer 1 von Maik schon vorweg:

Pfo­ten weg von Teil­neh­mern, solan­ge sie sol­che sind!

Teilnehmer(In) & Teilnehmer(In)
Na – hin­ter wel­chem Para­gra­phen kön­nen wir uns ver­ste­cken, wenn einer in der Grup­pe noch unter sech­zehn ist? Rich­tig: §180 bzw. manch­mal auch §182. Also: Wenn die Teil­neh­mer den Wunsch äußern, gemischt über­nach­ten zu dür­fen, sagen wir gene­rell „nein“ und freu­en uns auf nächt­li­che Jagd­ak­tio­nen? Ihr kennt mich wahr­schein­lich mitt­ler­wei­le gut genug, um zu ahnen, daß es da für mich ein paar Aus­nah­men gibt.
Es gibt ein kla­res „Nein“ wenn:

Ein Pär­chen den Wunsch äußert, gemein­sam über­nach­ten zu dürfen
Die „gemisch­te Nacht“ einem abge­schlos­se­nen Raum statt­fin­det, den ich nicht per­ma­nent kon­trol­lie­ren kann
Auch nur ein Teil­neh­mer in sei­ner Intims­sphä­re gestört wird oder ich auch nur den Ver­dacht habe, daß dem so sein könnte
Ein kla­res „Viel­leicht“ kann ich mir aller­dings auch vor­stel­len: Wenn ich die Nacht über gemein­sam mit ein bis zwei ande­ren Mit­ar­bei­tern mit im betref­fen­den „abge­schlos­se­nen“ Raum schla­fe. Es kommt z.B. auf unse­ren Kanu­tou­ren gele­gent­lich vor, daß sich das Auf­bau­en vie­ler Zel­te bedingt durch die Wet­ter­la­ge schwie­rig gestal­tet. Eben­so sind Situa­tio­nen denk­bar, in denen z.B. eine Vor­le­se­nacht o.ä. so schön ist, daß alle wäh­rend­des­sen ein­schla­fen. Es kommt eben auf die berühm­te „päd­ago­gi­sche Situa­ti­on“ an und auf das Ver­trau­en zwi­schen Team und Teil­neh­mern. Eine gemein­sam ver­brach­te Nacht in der Grup­pe kann den Zusam­men­halt sel­bi­ger unge­mein fördern.
Und wenn bei­de oder alle nun über sech­zehn Jah­re alt sind? Ist es dann gene­rell erlaubt, Mäd­chen und Jun­gen, bzw. ein Pär­chen zusam­men über­nach­ten zu las­sen? Das ist eine sehr gute Fra­ge… Gesetz­lich kann Euch da kei­ner was, aber ob ein sol­ches Han­deln sinn­voll ist, bleibt von der jewei­li­gen Situa­ti­on abhän­gig. Sind wirk­lich alle Teil­neh­mer über sech­zehn zur sexu­el­len Selbst­be­stim­mung in der Lage? Ich mei­ne: Nicht unbe­dingt. Grup­pen- und ver­meint­li­che Gesell­schafts­zwän­ge tun hier ihr übri­ges, um das eine oder ande­re Erleb­nis spä­ter in einem nicht so guten Licht erschei­nen zu las­sen. Es braucht viel Fein­ge­fühl, Erfah­rung und Kom­pe­tenz, um als Grup­pen­lei­ter rich­tig zu reagie­ren. Holt Euch unbe­dingt die Hil­fe eines Drit­ten, wenn ihr nur den gerings­ten Zwei­fel an der Rich­tig­keit Eurer Ent­schei­dung habt.
Bei allen Situa­tio­nen ist jedoch gene­rell unbe­dingt zu beach­ten, daß sich nie­mand in sei­ner Intims­sphä­re gestört fühlt. Wenn dem so ist, dann muß ich Aus­weich­mög­lich­kei­ten schaffen.

Mitarbeiter(In) & Teilnehmer(In)

Noch­mal Maiks Regel Num­mer 1:
Pfo­ten weg von Teil­neh­mern, solan­ge sie sol­che sind!

§223b droht sonst. Die­se Hal­tung ist zuge­ge­be­ner­ma­ßen sehr kon­ser­va­tiv, zumal doch so eini­ge ernst­haf­te Bezie­hun­gen auf Frei­zei­ten ihren Anfang genom­men haben. Was soll man gegen ein Gefühl wie die Lie­be tun? – Man soll­te z.B. Lie­be tun­lichst von „Ver­liebt­sein“ unter­schei­den. Es droht ansons­ten etwas ganz ande­res, was man in sei­nem Gefühls­sturm leicht vergißt:
Ihr als Mit­ar­bei­ter bevor­zugt durch eine Bezie­hung einen bestimm­ten Teil­neh­mer, was oft mit „Abspra­chen­beu­gung“ ein­her­geht. Ihr bringt auf jeden Fall ein für die Grup­pe äußerst schäd­li­ches Ungleich­ge­wicht in die Frei­zeit. Es kommt immer viel Gere­de auf und die Gerüch­te­kü­che bro­delt flei­ßig. Glaubt einem alten Mann (grins): Das lohnt alles nicht! Die Teil­neh­mer sind uns anver­traut. Sie sol­len in ers­ter Linie eine schö­ne Frei­zeit ver­brin­gen und nicht wir. Es spricht ja nichts dage­gen, nach der Frei­zeit die erst nur pla­to­nisch gesetz­lich erlaub­te Bezie­hung fortzuführen.
Auch ein ande­rer Punkt ist nicht unwich­tig: Der Gesetz­ge­ber hat sich etwas bei die­sem Gesetz gedacht. Es gibt einen gewal­ti­gen Unter­schied zwi­schen Anhim­me­lei (die der See­le ja immer schmei­chelt) und dem Wort Lie­be. Und jemand, der auf mich auf­pas­sen soll, ist ja gene­rell erst ein­mal toll. Der­je­ni­ge, der die­sem Umstand aus­nutzt, hat etwas ganz Wich­ti­ges ver­ges­sen: Den Geist von frei­heit­li­cher, zur Selbst­stän­dig­keit erzie­hen­den Jugendarbeit.
Ach ja: Das The­ma „gemein­sam über­nach­ten“ soll­te hier nicht ein­mal dis­ku­tiert wer­den, das geht ganz ein­fach aus gesetz­li­chen und päd­ago­gi­schen Grün­den nicht.

Mitarbeiter(In) & Mitarbeiter(In)
Bei uns gibt es auf den Frei­zei­ten Mit­ar­bei­ter­zel­te. Die sind immer genau des­we­gen knapp gewe­sen, weil wir irgend­wann beschlos­sen haben, daß es nicht gut ist, wenn ein Pär­chen gemein­sam in einem Zelt­dorf arbei­tet (Stich­wort: Frak­tio­nen­bil­dung). Die Fol­ge war, daß dann bei­de aus dem Pär­chen natür­lich ihr Zelt für sich haben woll­ten, damit gemein­sa­me Näch­te gene­rell mög­lich sind, obwohl man auf unse­ren Zelt­frei­zei­ten sel­ten die Gele­gen­heit fin­det bzw. dann viel zu müde ist.
§223b StGB greift unter Mit­ar­bei­tern natür­lich nicht, die Anwen­dung von §182 StGB ist aber mög­lich, und es soll ja auch emp­find­li­che­re Mit­ar­bei­ter­el­tern geben. Außer­dem begibt sich der Fahr­ten­lei­ter in die Gefahr der Anwen­dung von §180 StGB, wenn einer aus dem Paar über 18 und der ande­re unter 16 Jah­re alt ist und er die bei­den etwa gemein­sam über­nach­ten läßt. Das ist alles schon ein gewal­ti­ger Eier­tanz, wenn man an die mög­li­chen Kon­se­quen­zen denkt. Sol­che Pär­chen sind ja wahr­lich nicht sel­ten. Also: Immer auch ein biß­chen die Nöte des Lei­ters im Auge haben, wenn er/sie mal wie­der spie­ßig klingt.
Die Teil­neh­mer dür­fen nicht dar­un­ter lei­den, daß mei­ne Freundin/mein Freund auch Mit­ar­bei­te­rIn ist. Die Teil­neh­mer dür­fen nicht dar­un­ter lei­den, daß mei­ne Freundin/mein Freund auch Mit­ar­bei­te­rIn ist. Das ist kein Druck­feh­ler, son­dern soll­te selbst­ver­ständ­lich sein. Das Ken­nen­ler­nen kann ja auch in den ruhi­ge­ren Zei­ten des Tages statt­fin­den. Ich weiß nicht, wie das bei Euch in der Grup­pe läuft, aber bei uns sind in der „hei­ßen“ Zeit so eini­ge Pär­chen ent­stan­den und eini­ge weni­ge gibt es auch heu­te noch. Das ist – glau­be ich – nur natür­lich, denn in der Arbeit mit Kin­dern- und Jugend­li­chen lernt man oft Men­schen ken­nen, die auf einer Wel­len­län­ge mit mir befinden.
Schwer und pro­ble­ma­tisch für das Team wird es genau dann, wenn zwei Men­schen stän­dig „anein­an­der­kle­ben“ und in ers­ter Linie sich selbst und dann erst die Teil­neh­mer sehen. Habt kei­ne Scheu, in die­ser Situa­ti­on die bei­den dar­auf anzu­spre­chen – manch­mal tut Ihr auch der Bezie­hung damit etwas Gutes.

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