Diskussionsgrundlage: Elternbrief zu GoogleDocs
Ich habe einen ersten Entwurf für einen Elternbrief zur Nutzung von personalisierten GoogleDocs-Accounts in der Schule verfasst und stelle ihn hier zur Diskussion. Man darf auch gerne in meinem GoogleDocs-Dokument herumkommentieren oder ‑schreiben.
Liebe Eltern der Klasse xy!
Ihre Kinder wachsen in einer Zeit auf, in der manches im Umbruch ist – insbesondere die neuen Medien werden mit aller Wahrscheinlichkeit in ihren Vernetzungspotentialen auch in der späteren Berufswelt eine gewichtige Rolle spielen.
Daher ist ich mir im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten am XY-Gymnasium an einem Deutschunterricht gelegen, der auch diesen zukünftigen Anforderungen in besonderer Weise Rechnung trägt – vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen bereits etwas davon gehört, dass in der Schule auch gebloggt, gechatted und gar mit kollaborativen Tools wie der OfficeSuite von Google, den GoogleDocs, gearbeitet wird. Fragen Sie ansonsten einfach Ihr Kind, ob es Ihnen davon etwas zeigt, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.
Um Datenschutzanforderungen gerecht zu werden, habe ich die Angebote externer Anbieter, insbesondere der Firma Google stets nur anonymisiert genutzt, d.h. es war durch besondere Maßnahmen sichergestellt, dass Daten, die Ihre Kinder dort eingegeben haben, nicht einem konkreten Schüler, sondern lediglich meinem Namen zuzuordnen sind. Auch unser Blog ist für Suchmaschine und unbefugte Personen nicht zugänglich.
Insbesondere die anonyme Nutzung von GoogleDocs wird allmählich zu einem Problem:
- Schülerinnen und Schüler erwarten, dass ich ihre Leistung auch ihnen zuordnen kann, damit sie gewürdigt wird.
- In seltenen Fällen kommt es im Schutz der Anonymität zu kleineren Missgeschicken, die sich negativ auf die Arbeit aller auswirken können.
- Schülerinnen und Schüler sind bei der Arbeit mit diesen Tools immer von mir als Lehrerperson anhängig und können daher oft nicht sinnvoll in anderen schulischen Kontexten damit arbeiten.
Ich möchte daher mit den Schülerinnen und Schülern in absehbarer Zeit personalisierte GoogleAccounts einrichten. Diese Accounts werden ausschließlich für die schulische Arbeit verwendet und laufen über unsere schuleigenen E‑Mailadressen, anhand derer ich Leistungen einer bestimmten Person zuordnen kann und die den Schülerinnen und Schülern die Freiheit gibt, diese in meinen Augen sehr wertvollen Hilfsmittel auch in anderen Fächern für die Vorbereitung von z.B. Referaten einzusetzen.
Dadurch entsteht ein Datenschutzproblem, da Ihre Kinder nicht zu leugnende Spuren – wenngleich nicht öffentlich – im Netz hinterlassen wie sie es durch die Nutzung sozialer Netzwerk, der Nutzung der Suchmaschine Google usw. wahrscheinlich schon längst in einem Umfang tun, dessen mögliche Konsequenzen zur Zeit unabsehbar sind.
Jeder von Ihnen, der die Nutzung dieser Dienste bereits einschränkt, hat zu spüren bekommen, welche Bedürfnisse soziale Netzwerke wie Facebook befriedigen und welchen Stellenwert sie im Leben Ihrer Kinder haben.
Genutzt werden also wahrscheinlich eine Vielzahl solcher Angebote. Ein Verbot erscheint mir nicht realistisch mit der Perspektive auf das spätere Berufsleben Ihrer Kinder. Ich sehe die Aufgabe von der Schule daher in der Vermittlung des sicheren Umgangs mit diesen Angeboten – das ist jedoch im Schutz einer Anonymisierung nicht möglich, sondern nur durch konkretes, eigenes Handeln.
Bitte nehmen Sie sich über Ostern ein wenig Zeit, um Ihren Standpunkt zu meinem Vorhaben abzuwägen. Lassen Sie sich von Ihren Kindern erklären, welche neuen Möglichkeiten sich dadurch für die Arbeit mit Texten erschließen. Wenn Sie Einwände oder Befürchtungen haben sollten, scheuen Sie sich nicht, mich anzurufen oder eine E‑Mail zu schreiben.
In einem Anfall von Medienkompetenzvermittlungswahn hatte ich überlegt, den Eltern ein GoogleDocs-Dokument für die Diskussion anonymisiert zur Verfügung zu stellen, aber nun denn…
Hi Maik,
ich finde deine Idee der Diskussion in einem GoogleDocs-Dokument eigentlich gar nicht so schlecht. Sollte es dort zu einer Diskussion kommen, hast du zumindest schon einmal die dort, die wenigstens über ein wenig Medienkompetenz verfügen und kritische Punkte einbringen können – sofern es sie denn gibt. Ich seh sie zur Zeit nicht (wenn ich mir überlege, was meine Schüler so alles im Netz treiben, da wäre GD eine positive Bereicherung ;o)) Vor allem könnten die „Wackelkandidaten“-Eltern, die sich noch unsicher sind, dort selber experimentieren. Für alle anderen würde ich den Anruf oder die eMail als Rückfragemöglichkeit lassen.
Haben denn alle deiner Schüler Internetzugang? Ich hab an meiner Förderschule immer noch welche ohne… In der Jahrgangsstufe meines Sohnes (7. Kl. Gym.) sind auch noch 2 ohne – ein Schüler darf elternseits nicht ins Netz, bei einem gibt es tatsächlich keinen Anschluss.
Mein erster Eindruck: Der Brief ist viel zu lang. Als Vater würde mich das schon mal abschrecken.
Zweiter Eindruck: Ich persönlich versuche Google zu meiden wo es nur geht. Die Firma ist in meinen Augen auf lange Sicht gefährlich. Meine Schüler versuche ich dazu zu bringen OpenOffice (LibreOffice) zu verwenden statt Microsoft Office. „Ein Verbot erscheint mir nicht realistisch mit der Perspektive auf das spätere Berufsleben Ihrer Kinder.“ Den Satz kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Seit wann ist so was für das spätere Berufsleben unumgänglich?
Ich schätze deine Aktivitäten „neue Medien“ im Unterricht verstärkt einzusetzen, aber bei meinen Schülern kann ich schon zufrieden sein, wenn sie eine Textseite ordentlich formatieren können, wissen wie man mit Ordnern und Dateien umgeht oder eine Datei mit einem nachvollziehbaren Namen benennt.
Ich persönlich würde nicht wollen, dass meine Kinder einen GoogleAccount einrichten. Dass ich das nur schwer kontrollieren kann ist mir aber klar.
Herzlichen Gruß. Winni.
Wer viel fragt, kriegt viele Antworten. Ich hatte in einer ähnlichen Sache um Erlaubnis gebeten, ein Qerulant brachte die Sache zu Fall. Meine SuS haben sich einfach über eine Email unserer Lernplattform angemeldet, somit ist dann die eigene Email-Addi nicht „verseucht“.
Wer mit neuen Medien arbeitet, kann heutzutage nicht mehr vermeiden, dass die SuS etwas kommerzialisiert werden, da alle attraktiven Angebote über das pay-for-extras-Geschäftsmodell laufen.
@Winni
Facebook halte ich für gefährlicher, aber darum geht es glaube ich nicht. Du kannst dich sozialen Netzwerken und auch Google verweigern (hier läuft im ganzen Haus Ubuntu und fast aller technischer Schnickschnack ist mit OpenSource realisiert). Das führt wahrscheinlich aber dazu, dass nicht du dein Bild von dir im Netz bestimmst, sondern dass das Netz unweigerlich nur mit Informationen von Dritten über dich gefüttert wird, d.h. das andere Menschen dein Bild im Netz bestimmen. Du bist nicht bei Facebook? Denkste.
Du kannst kontrollieren, was du an Informationen über dich im Netz einspeist – du kannst nicht kontrollieren, was andere aus Adressbüchern mit deinen Daten über dich preisgeben – letzteres dürfte den größeren Teil darstellen.
Das Bild von Google in den Medien halte ich für verzerrt. Mit einem Account kann ich einsehen, welche Daten Google mir zuordnet, kann diese Daten mitnehmen und löschen – ein Beispiel. Ich kann Google nur mit bestimmten Daten von mir füttern – darum geht es eigentlich.
Für das spätere Berufsleben halte ich soziale Netzwerke gerade unter dem Aspekt der Selbstvermarktung für sehr wichtig. Auch in großen Firmen wird heute schon einiges über derartige oder vergleichbare Technologien abgewickelt. Wer die Mechanismen kennt, sich zielgerichtet darzustellen weiß und auch die No-Go’s umschifft, wird m.E. daraus einen Nutzen ziehen können.
@thruston
Wenn Eltern und ich Partner im Bildungsprozess sein sollen (das meiste lernt man schließlich gerade nicht in der Schule), dann muss ich m.E. gewisse Wege auch gemeinsam mit ihnen gehen und sie mit einbinden. Es kann nicht sein, dass viele Eltern nicht einmal eine Schimmer davon zu haben scheinen, welche Potentiale das Web bietet und sich oftmals durch voreingenommene Journalisten lediglich die Gefahren vergegenwärtigen, selbst jedoch z.B. Auto fahren.
Nur am Rand zum Thema, und ist vielleicht eine Nummer zu groß: hat irgend jemand schon Erfahrungen mit GoogleApps? Für Schulen kostenlos und werbefrei: Google stellt Accounts für alle vom Schuladmin gemeldeten Schüler unter der Schuldomain zur Verfügung. Datenschutzrechtlich sicher problematisch. Nutzt irgendeine deutsche Schule das?
http://www.google.com/a/help/intl/de/edu/k12.html
Klingt sehr herausfordernd – auch für mich als „Nerd“.
Aber ich denke, es braucht mutige Schritte um etwas zu bewegen – ich denke da z.B. an meinen Physikkurs, der auch rein digital geführt wird.
Ich würde es auf jeden Fall probieren – wenn es nicht klappt, dann ist das ja auch ein Ergebnis, mit dem man umgehen kann.
@Herr Rau
Martin Kurz arbeitet mit einem recht ähnlichen Ansatz wie GoogleApps, indem er sein Moodlesystem via SSO an die GoogleAPI koppelt – ich weiß nicht, inwieweit datenschutzrelevante Aspekte dabei berücksichtigt sind.
Auf dem EduCamp in Bremen gab es eine Session zu dem Thema.
Die geringe Verbreitung liegt natürlich gerade in Deutschland an datenschutzrechtlichen Problemen.
Für mich ist es ein Leichtes, etwa aus den UIDs des Schul-LDAP E‑Mail-Aliase und Nicknames zu erzeugen, die keinen Rückschluss für Google auf eine natürliche Person zulassen. Das sind zehn Zeilen mehr in dem dafür zuständigen Script. Damit könnte ich viele meiner Probleme lösen, jedoch ausdrücklich nicht meinen Medienkompetenzansatz. Wenn ich mir die Rückmeldungen hier anschaue, könnte das aber zunächst eine Kompromisslösung sein.
Datenschutz ist in Deutschland Ländersache – in der Regel wird man bei den Datenschutzbeauftragten freundlich und offen beraten, weil viele in dem Bereich eben „einfach machen“ und dann das Datenschutzproblem pädagogisierend relativieren. Es ist aber da und wir können es heute in seinen Folgen nicht abschätzen.
Es bleibt für mich fraglich, ob es gerade vor dem Hintergrund sozialer Netzwerke Schule ansteht, sich hinter geschlossenen Plattformen zu verstecken (in unteren Klassen müssen wir darüber nicht reden). Googledokumente sind zudem nicht öffentlich, aber werden eben durch Googles Algorithmen verarbeitet.
Hallo Maik,
ich habe erst im Februar diese schöne Funktionalität des Web 2.0 kennengelernt. Da ich auch in Moodle begonnen habe Unterrichtssequenzen mit Schülern durchzuführen, kommt man automatisch auf diesen neuen „Zug“. Nun habe ich meinen Schülern (Klasse 7–10) diese Googledocs vorgestellt und bis auf wenige Ausnahmen waren zumindestens die Schüler sehr neugierig. Bzgl. der datenrechtlichen Seite bin ich selber noch ein ganz „Blinder“ habe aber insbesondere diese Fragen bzgl. der Arbeit in Goodledocs mit Schülern mal weitergeleitet. Ich hoffe ich bekomme spätestens im August 2011 eine Antwort. Der Elternbrief erscheint mir auch etwas zu lang, aber die Inhalte müssen wohl alle rein.
Gruß Heiko
Zur Anfrage von Herrn Rau!
Ja unsere Schule nutzt google Apps für Education. Zunächst als Hilfsmittel, um eine einheitliche dienstliche Mailadresse zu generieren. Das ist eine wirkliche kommunikative Vereinfachung.
Mittlerweile wird auch die Kalenderfunktion von der Schulleitung fleißig genutzt. Schultermine und die Termine des Schulleiters („beschäftigt“) sind von uns einzusehen.
Wirklich spannend wird es in letzter Zeit, nachdem einige Kollegen googledrive für sich entdeckt haben. Bei insgesamt 30 GB pro Person (Mail & Dokumente) kann das kostenpflichtige Angebot von dropbox nicht mithalten. Ich nutze die Cloud nun ausgiebig und speichere dort meine aktuellen Unterrichtsmaterialen per Synchro von meinem Rechner aus. Das Teilen mit anderen Kollegen ist besonders einfach, da google alle meine Kollegen bereits „kennt“. Einzige Ausnahme bilden Schülerdaten, die bekanntlich nicht das Bundesland verlassen dürfen und erst recht nicht die EU.
Ich bin noch am Anfang des Weges, es wird aber spannend werden. Ich werde nach und nach die googleapps erforschen (z. B. lassen sich Umfragen für Evaluationen ganz http://traegheitderklasse.blogspot.de/einfache erstellen). Der Blogger war meine letzte Entdeckung. Wie es wohl weitergeht?