Ich bin ein schlechter Lehrer…
Dies ist ein fiktiver Artikel. Alle Schicksale und Namen sind erdacht. Das Allermeiste habe ich durch (Blog-)beiträge anderer Lehrer und Eltern(-foren) aufgeschnappt. Die Zahl 180 SuS ist für den gymnasialen Bereich realistisch, da das Deputat bei voller Stelle in etwa 6–7 Lerngruppen umfasst. Die systemkundigen Leser mögen beurteilen, ob die folgende Zusammenstellung irreal ist.
Die Ich-Form ist bewusst gewählt, um ein Identifkationsangebot zu schaffen. Der Ich-Erzähler des Textes ist selbst eine Fiktion und hat mit dem Autor (mir) nicht alles gemein – also nur das Gute…
Die SuS (keine Extremfälle):
- Petra hat AD(H)S. Sie kann sich nicht konzentrieren. Sie kann sich nur helfen, indem sie sich bewegt, indem sie laut ist, indem sie auffällt. Petra kann dafür nichts.
- Ulrich ist hochbegabt und ständig unterfordert. Ulrich fällt auf, wird zornig, stört. Ulrich geht mich vor der Klasse verbal an.
- Constanze ist still. Constanze schreibt hervorrragende Arbeiten, trägt zum Unterricht jedoch nichts bei. Bei Constanze müsste ich eigentlich ganz oft die Hausaufgaben nachschauen.
- Hussein kommt aus einem Haushalt, in dem der Mann alles und die Frau nichts zählt. Meine Kolleginnen quälen sich mit Hussein.
- Chloé ist sozial hoch engagiert. Sie setzt sich ständig für die Klasse ein, sagt mir, was aus ihrer Sicht schiefläuft, wo es brennt – mit Kolleginnen und Kollegen, in der Klasse. Ihr fehlt ein wenig Empathie und Redetechnik. Da müsste man sie fördern.
- Petr kommt aus einem klischeehaften(!!!) Spätaussiedlerhaushalt. Er kann keinen guten Aufsatz schreiben, weil zu Hause nur russisch gesprochen wird. Viele Worte versteht er einfach nicht. Petr bräuchte dringend Deutschförderunterricht.
- Haakon verhält sich unauffällig. Haakon entwickelt in Tests sehr eigenständige, hochinteressante Lösungsansätze, die er allein methodisch nicht sinnvoll zu Ende führt. Auf einen Dreier kommt Haakon immer. Man sieht Haakon aber an, dass er damit nicht zufrieden ist, dass er denkt: „Da muss doch noch mehr sein!“. Man müsste ihm mehr bieten.
- Martina ist ein hübsches Mädchen. Sie sagt von sich, dass sie für Naturwissenschaften eh zu dumm ist. Martina legt eher wert auf Mode. Martina glaubt nicht an sich. Martina liest keine Hausaufgabe vor, ohne vorher zu betonen, dass ihr Text schlecht ist oder irgendwelche Macken hat. Martina braucht dringend Unterstützung im Bereich Selbstbehauptung – vielleicht hilft Martina auch schon Mann‑, äh: Frauschaftssport.
- Georginas Eltern haben sich kürzlich scheiden lassen.
- Cynthia war lange krank.
- … (bitte hochzählen bis 180)
Die Eltern (keine Extremfälle):
- Petras Mutter hält mich für unpädagogisch, für uninteressiert, weil ich mich nicht genug über die Problematik AD(H)S informiere, weil ich nicht genug auf ihre Tochter eingehe. Petras Mutter hat Recht.
- Ulrichs Vater hält mir immer wieder die Testergebnisse von Institut x unter die Nase. Sein Sohn brauche Extraförderung, nicht Extrazettel. Er hat Recht.
- Constanzes Mutter verspricht mir, dass sie mit ihrer Tochter reden wird. Ich weiß, dass ich Constanze für etwas „bestrafe“, was Constanze nun einmal ist: Still. Constanze ist schon in Ordnung. Das System ist für Constanze irgendwie doof.
- Husseins Vater ist bei mir lammfromm. Hussein ist bei mir im Mündlichen passabel und ich bin schließlich ein Mann. Außerdem bekomme ich schon mit, dass Hussein viel Unsinn macht und leite auch pädagogische und Ordnungsmaßnahmen ein.
- Chloés Mutter sagt mir, dass sich ihre Tochter ritzt und deswegen immer auch im Sommer Langarmshirts trägt. Passt irgendwie zu Chloé.
- Petrs Eltern sind freundlich, aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie mich gut verstehen.
- Haakons Eltern kümmern sich eigentlich nicht um die Schule. Haakon hat ja durchschnittliche Zeugnisse.
- Martina sei zu Hause immer ganz anders. Jungs seien weit weit weg. Ich zeige ihnen die Profilseite ihrer Tochter auf Facebook.
- Georginas Mutter bittet mich um besondere Rücksicht. Die Klasse vergleicht intern die mündlichen Noten und fordert ein. Sie wissen ja nichts.
- Cynthia müsste nun aber jeden Tag Extraaufgaben bekommen.
- … (bitte hochzählen bis 180)
Ich bin ein schlechter Lehrer, weil…
- … ich aus einer Fortbildung weiß, dass Petra mindestens einen Rückzugsraum benötigt und besonderer Aufmerksamkeit im Unterrichtsprozess bedarf. Ich habe bisher nicht einmal um einen Extraraum und die Betreuung dazu gekämpft (das wäre natürlich im Team leichter) und ich habe noch immer Schwierigkeiten damit, dass 10% Aufmerksamkeit auf ein Kind gerichtet bedeutet, dass ich die Zeit anderen entziehen muss. Mal eine Rechnung: In einer 30er-Klasse bleiben in 90 Minuten für jedes Kind in der Realität vollkommen utopische drei Minuten. 10% = neun Minuten für ein Kind bedeuten eine Kürzung der Aufmerksamkeitszeit für jedes andere Kind im zweistelligen Prozentbereich.
- … ich aus einer Fortbildung weiß, dass Ulrich ganz besondere, neue Aufgabenformen benötigt, die klassische Bücher so nicht hergeben. Die Entwicklungszeit ginge dann von Unterrichtsvorbereitungs- und Korrekturzeit ab. Wenn ich da mehr für Ulli und Petra tue, steigen mir die Eltern von 25 anderen auf’s Dach und wollen auch.
- … ich nicht einfach *mehr* „sonstige Angebote“ für Constanze mache (Tests, Hausaufgaben einsammeln)
- … ich noch keine Zeit für eine Fortbildung zu den besonderen Herausforderungen des multikulturellen Lernens gefunden habe. um Hussein und seiner Familie gerecht werden zu können Ich lese zur Zeit in jeder freien Minute über Hochbegabung, Medien im Unterricht und AD(H)S).
- … mich die Ursache von Chloés innerem Schmerz, den sie durch äußere Verletzung ihrer selbst nach außen trägt, eigentlich gar nichts angeht, weil es wahrscheinlich eher nichts mit der Schule zu tun hat.
- … ich hilflos zusehen muss, wie Petr trotz des immensen naturwissenschaftlichen Potentials wahrscheinlich eine ganz normale Lehre anfängt, früh heiratet und Kinder bekommt. Vielleicht bin ich hinsichtlich meiner Ideale auch verbohrt und Petr wird so glücklich.
- … ich mich nicht tiefer in Haakons neue Lösungsstrategien eindenke, um zu verstehen, wo der Lernwiderstand liegt
- … mir Martina immer fremder wird
- … ich weiß, dass Georgina dieses Jahr nicht schaffen wird.
- … ich weiß, dass das auch für Cynthia gilt
- … (bitte hochzählen bis 180)
Lehrer haben vormittags Recht und nachmittags frei.
Und dann sind da noch die Hochallergiker, die Asthmatiker, die Depressiven, die Drogenkonsumenten, die emotional Verwahrlosten,.….
Wir können als Lehrer beim besten Willen nicht allen gerecht werden. Aber wenigstens im ein oder anderen Fall gelingt es, ein paar kleine Schritte in die richtige Richtung zu ermöglichen.
„Aber wenigstens im ein oder anderen Fall gelingt es, ein paar kleine Schritte in die richtige Richtung zu ermöglichen.“
Als Lehrerteam können wir die Schrittweite nach meiner Erfahrung dabei erheblich vergrößern. Aber dafür müssten wir uns selbst wahrscheinlich mehr zurücknehmen…
Danke für den Artikel.
Ich unterrichte dieses Jahr 323 Schülerinnen und Schüler.
Der Artikel zeigt sehr deutlich, dass die inzwischen in NRW ins Schulgesetz übernommene Verpflichtung der individuellen Förderung auf keinen Fall durch pädagogisches Eingehen auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler sinnvoll erfüllt werden kann. Die Förderung der Einzelnen muss vielmehr aus der Nutzung der Ressourcen der Lerngruppe entstehen, durch gestalten von Lernsituationen, in denen die Kinder in Gruppen einander unterstützen können, durch systematisches Anknüpfen an die Stärken der Kinder, nicht an ihre – vermeintlichen – Defizite, durch einen Wechsel der Lehrerrolle vom alleinverantwortlichen Gestalter von Lernprozessen zum Ermöglicher und (Vorsicht, Englisch) Facilitator von Lernsituationen, die in hohem Maße von den Schülerinnen und Schülern geprägt werden.
Das geht allerdings ebenfalls nicht ohne Voraussetzungen: Es braucht einen Paradigmenwechsel im Verständnis der Lehrerrolle, es braucht eine Abkehr vom fachwissenschaftlich verengten Curriculum, es braucht eine hohe soziale Kompetenz der LehrerInnen, eine tendenzielle Aufhebung der vorherrschenden Trennung von Unterricht und Erziehung.
Diese Veränderungen sind – auch im Hinblick auf die kommende inklusive Schule – unabweislich, aber sie sind zugleich nicht zu schaffen, wenn die LehrerInnen als Einzelkämpfer verharren. Die nachhaltige Schulentwicklung ist eine kooperative Schulentwicklung – oder sie ist nicht nachhaltig. Die/Der Einzelne muss verzweifeln oder verbittern!
„Das geht allerdings ebenfalls nicht ohne Voraussetzungen“
Zustimmung. Mir ist es schleierhaft, wie ein 10-Klässler, der nicht weiß, was er möchte, wo er steht, wem er vertrauen kann, was er selbst zu leisten vermag, in irgendeiner Form Verantwortung für sich selbst, seinen Lernprozess und den Lernprozess anderer übernehmen soll – nicht jeder Siebtklässler ist in der Lage, Schnürsenkel zu binden oder Streichhölzer zu entzünden oder besitzt in Ansätzen eine vorausschauende Beziehung zu Geld.
Schule ist für mich ein Lernort unter vielen. Entwicklungspsychologisch werden die meisten Voraussetzungen in den ersten drei Lebensjahren(!) gelegt. Ich wechsle sehr gerne meine Paradigmen und selbst wenn es alle Lehrenden tun würden, bezweifle ich den breiten, zwangläufigen Erfolg, außer einem finanziellen/kostenneutralen. Im Bildungsprozess sind Menschen für mich unverzichtbar. Dazu gehören Eltern, Großeltern, Nachbarn, Geschwister, Freunde und dann erst Lehrer. Wofür nehmen wir Erwachsenen eigentlich die größten Kredite auf? Stimmt. Für unsere Kinder.
Mit der gleichen Energie, mit der wir prestigeträchtig Schulen reformieren wollen, müssen wir es gesamtgesellschaftlich angehen – wo sollen denn die neuen Lehrer herkommen?
Es geht so nicht weiter – keine Frage. Aber für was sollen unsere Kinder denn noch alles selbst Verantwortung übernehmen? Was bedeutet eigentlich „Kindheit“?
„Was bedeutet eigentlich Kindheit?“
Das ist eine interessante Frage. Ich denke, es bedeutet für jedes Kind etwas anderes. In den unterentwickelten Ländern kann es bedeuten, dass man schon als 10jährige® der/die einzige ist, der/die die Familie ernähren kann und es auch tut. Bei uns bedeutet es häufig, keine eigenen Entscheidungen fällen zu dürfen in eigenen Belangen – sprich bevormundet zu werden – zuweilen bis ins letzte Lebensdetail hinein. Und gleichzeitig allein gelassen zu werden bei dem, was wichtig ist.
Die Ansage, die SuS sollen „Verantwortung für ihr Lernen übernehmen“ heißt leider meist: WAS Du lernen sollst, bestimmen wir, aber du selbst bist verantwortlich dafür, dass du auch erreichst, was wir von dir wollen, dafür darfst Du bestimmen, WIE und wie schnell. (Tolle Wurst). Deshalb ist das mit der SelbstVerantwortung ein Danaergeschenk und eine Frechheit. Eigentlich geht es um ganz etwas anderes. Es geht darum, dass nicht erst als erwachsen geltende Menschen, sondern auch schon die als Kinder geltenden Menschen über sich selbst bestimmen dürfen müssen, wenn sie autonome und glückliche Menschen werden sollen, die in der Lage sind, sich selbst zu versorgen und auch für andere zu sorgen.
In D. verwechselt man Selbstverantwortung immer mit Alleinesein, Alleinemachen. Das ist quatsch. Kein Mensch macht allein. Wir alle sind auf andere, auf ihr Interesse und ihre Unterstützung angewiesen. Auch als „Erwachsene“. Aber unsere Selbstbestimmung, die brauchen wir schon als „Kinder“. Wenn man hier sieht, wie unsinnig Kinder aller Altersstufen immerzu bevormundet werden (ob es sich ums Mützetragen, ums Lernen oder um die Freundschaften handelt, kann einem fortgesetzt schlecht werden. Und dieselben BevormunderInnen sind die ersten, die – Kehrseite der Medaille – beleidigt sind, wenn ihre vermeintlich gut gemeinten und oft als Ratschläge getarnten Bevormundungen zurückgewiesen werden: „Dann mach doch alleine, wirst schon sehen, was du davon hast“. So sprechen viele „erwachsene“ Eltern, so denken auch viele „erwachsene“ Lehrer, die Selbstverantwortung und Alleinelassen verwechseln. Sind sie denn das, was man erwachsen nennt? Autonome Menschen, die sich abgrenzen können, und die anderen Menschen – egal welchen Alters – ihre Autopoiesis zugestehen können, ohne ihnen Interesse und Unterstützung zu versagen? Erst wenn wir bereit und in der Lage sind, unseren Kindern und SchülerInnen oder unseren „alten“ Eltern ihre Autonomie zu lassen und sie bei dem zu unterstützen, was sie selbst wollen, sind wir „erwachsene LehrerInnen“. In der hiesigen Schule ist das Selbstwollendürfen nicht dran. Es gibt entweder Anpassung oder Rebellion auf einer stufenlosen Skala und eine Fülle von fantasievollen Einzellösungen eines jeden Schülers, das Problem für sich zu lösen, das in dem Widerspruch liegt, den Kant mit der Frage „Wo ist die Freiheit bei all dem Zwange“ benannt hat. Damit, solche Lösungen situativ immer wieder zu finden, sind die psychischen Energien unserer Kinder und SuS ziemlich gebunden. Ich jendefalls empfinde keinen inneren Drang, einem andern Menschen eine Mütze aufzuzwingen, weil es mir kalt ist.
A doch, eines halte ich für ganz klar: Wir brauchen das Prinzip: „Kleine Kinder, kleine Klassen.“ Je kleiner die Kinder, desto kleiner muss die Gruppe sein. In Finnland können vor dem Abitur 40 – 50 SuS in einer Klasse lernen – aber auch nur darum, weil sie früher, als sie kleiner waren, sie in 10er und in 20er Gruppen lernen durften. Es ist nicht alles mit der kooperativen peer-to-peer-Lösung zu machen. Auch wenn die Lehrer von der Belehrer- in die Coachingrolle wechseln, müssen sie diejenigen, die sie coachen gut kennen. Keiner kann über 100 Menschen gut kennen, die er maximal 2 Stunden pro Woche sieht und immer in 30er- Haufen, denen er Stoff einflößen soll, anstatt ihnen zuhören zu dürfen.
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Ein toller Artikel, tolle Kommentare. Lisas Danaergeschenk bringt mich gerade wieder schwer ins Grübeln…
Toller Artikel, da kann ich nur applaudieren (auch wenn ich als Unschooler prädestiniert bin jede Lehrer-Selbstkasteiung zu loben :) ).
Bei manchen Lehrern spüre ich von der ersten Minute die Fähigkeit, dass sie die Probleme der industriellen Wissensvermittlung erkennen und den harten Konflikt mit ihren humanistischen Idealen.
Damals war es Dein Zitat, dass mich zu Dir geführt hat und heute will ich wieder nur Deinen Blog zitieren:
Wenn der, der etwas notwendig braucht
dies ihm Notwendige findet, so ist es nicht der Zufall,
der es ihm gibt, sondern er selbst,
sein eigenes Verlangen und Müssen führt ihn hin.
(Hermann Hesse)
Wobei die wahre Frage ist, wer oder was kasteit wird. Durch Kontakt mit Unschoolern – also maßgeblich mit dir – kam mir der Gedanke, dass Schule sich *auch* deswegen nicht entwickelt, weil sie ein Bildungs_monopol_ innehat. Ein wenig Konkurrenz kann ihr nicht schaden, sondern wird sie m.E. beleben. Wie, ob und unter welchen Bedingungen (wir leben immerhin in Deutschland, du gestehst der Gesellschaft mittlerweile auch einen gewissen „Kontrollanspruch“ wie z.B. in Dänemark beim Unschooling zu) dabei die Abschaffung der Schulpflicht ein Baustein sein wird – who knows…
Spannende Bestandsaufnahme mit Aussicht auf .…..Sackgasse.
Qualitative Verbesserung des Systems?
Geht nicht.
Was ist angesagt?
Zerstörung dieses Bildungssystems und Neuaufbau.
1. Individualität bedeutet 1:1
2. Einbau genialer Erkenntnisse wie LdL Lernen durch lehren
3. 100 % Internetzugang
4. lernen an konkreten sinnstiftenden Projekt – das Leben abbilden.
5. …noch viele zusätzliche Punkte. Bevor ich diese hier aufzähle beweise ich lieber die Funktion durch Vilefaltschule. Die ersten kommen im Herbst dieses Jahres.
Und dann gibt es noch die Schüler, die sich freuen, wenn sie einem in der Stadt begegnen. Und die Eltern die sagen: „Wow! Sie machen einen tollen Job! Vielen Dank!“
Und manchmal weiß ich, ich bin ein guter Lehrer. Weil Schule für Kinder eine feste Institution mit klaren Regeln ist. Weil der Lehrer eine Konstante ist, auf die man sich verlassen kann. Einfach weil Lehrer-Sein ein guter Beruf ist.
@adi
Es geht mir um die Erkenntnis, dass es nicht Schule *allein* sein wird, die etwas ändert. Schule wird nur mit vielen Dingen momentan alleine gelassen und das dann als Selbstständigkeit verkauft. Ein Danaergeschenk. Hm. Das habe ich aus irgendeinem Kommentar :o)…
Kinder brauchen Zeit und Zuwendung. Es muss aber auch erlaubt sein zu sagen, dass sie stattdessen auch Spielekonsole und Handy bekommen (ein Beispiel), was mit Schule erstmal nichts zu tun hat. Bildung fängt auch zu Hause an. Wenn wir ernsthaft die „Zwangstagsschule“ fordern, um Kinder „sinnvoll“ zu beschäftigen (böse formuliert: Damit zu Hause der Zweitwagen erwirtschaftet werden kann), nunja…
@Jan
Warum gibt es diesen Blog und wie ist der Grundtenor meiner „normalen“ Gedanken? Was mir keinen Spaß und keine Freude bringt, muss ich auch nicht reflektieren. Und ohne die oft positive Rückmeldung meiner Umwelt hätte ich wahrscheinlich auch schon den Versuch aufgegeben, mich weiter entwickeln zu wollen.
@maik
Deiner Darstellung folge ich zu 100%…;-)
Es gibt viele Wege nach Rom.
Einer davon ist
a. Bestandsaufnahme
b. Analyse
c. Ideensammlung
d. Entscheidungsvarianten
e. Bewertung und Enscheidung
f. Umsetzung (Projektmanagement).
Dieser Weg ist schön, dauert aber …und wundervolle Ideen verbreiten sich irre langsam.
Das nervt mich. Und wie mich das nervt.
Gut so.
Alles was nervt ist eine Basis für „Lust auf Veränderung“. Je mehr es nervt, umso wahrscheinlicher die Veränderung.
Also liebe ich das jetzige Bildungssystem, da es mich nervt und herrliche Basis für die Veränderung bringt. Welch ein herrlicher Widerspruch in einem Satz.
Was ich mitteilen wollte mit meinem 1.Kommentar?
JUST DO IT.
Bildet Teams.
Schnappt Euch konkrete Schulen.
Begeistert den Rektor/-in.
Dann die Lehrer,Schüler, Eltern. Legt die Reihenfolge mit Rektor/-in fest.
Macht Ganztagesschulen.
Realisert lehrerfreie Zonen, integriert andere Menschen.
das wollte ich mitteilen:
Es ist Zeit für das MACHEN.
Ob Du mich verstehst? Ich denke schon. Wenn nicht, dann laß uns telefonieren…;-)
@adi
Volle Zustimmung. Es ist die Zeit zum Handeln.
Ich finde noch eine Frage recht schwierig und die lautet: „Wer handelt mit?“ Es ist schön, dass es Menschen im Netz gibt. Aber ich bin hier(!) und meine SuS, „Eltern“ meine KuK sind auch hier(!)
Im wesentlichen sind das ungefähr die Probleme, die es so geben kann. Allerdings, was ist mit den sogenannten „normalen und unauffälligen“ Schülerinnen und Schüler – spielen diese überhaupt noch eine Rolle oder müssen sie erst ein Problem erzeugen/ werden damit „wir“ sie wahrnehmen.
Zum anderen ‑bezugnehmend auf Beitrag und Diskussion- sollten wir aufhören „kleine und große“ Persönlichkeiten in Abkürzungen (SuS, KuK,…) zu packen, es geht um Menschen und für alles andere gibt es Textbausteine.
Danke für diesen Artikel.
Mich traf er nochmal an ganz anderer Stelle. Vielleicht weil rings um mich gerade die Erschöpfung „einschlägt“ – bei Kollegen, bei denen man es nie dachte. Das Thema treibt mich um, wie man gesund durch seine Berufsjahre kommen kann.
Unabhängig von Lösungsansätzen, partiellen jedenfalls, an der eigenen Schule, ist und wird es eine Herausforderung bleiben, sich selbst (und seine Gesundheit) dabei nicht zu verlieren. Habe drüber im Blog geschrieben, gerade.
@grauetheorie
Menschen können für mich nicht „normal und unauffällig“ sein – mein fiktives Constanzebeispiel ist ein positives, da „meine“ Constanze ja 1a Leistung bringen kann. Und ja: Die Bezeichnung „SuS“ und „KuK“ ist nicht PC. „Normal“ jedoch strenggenommen auch nicht, da ich es mit 180 Individuen zu tun habe. Und wenn 5% der Schülerinnen und Schüler 90% meiner Zeit beanspruchen, bin ich tatsächlich nicht mehr in der Lage, das Individuelle bei den „Normalen und Unauffälligen“ zu sehen.
@rebis
Ich mag das Bild des Schutzschildgenerators (Star Trek). Der Schild macht uns nicht blind und unempfänglich, lähmt unsere Sensoren nicht. Seine Generierung erfordert Energie, seine Beanspruchung verbraucht selbige. Also muss er regeneriert werden – ständig, mit dem gleichen Aufwand, wie wir ihm Energie entziehen lassen. Das kann bedeuten, Wahrnehmung auf energieliefernde Ressourcen zu fokussieren und muss bedeuten, diese mit maximaler Effizienz auszubeuten. Jeden Tag gibt es an einer Schule Kleinigkeit zum Lachen. Der Scanner muss bloß darauf kalibriert werden. Im Auslieferungszustand spürt er in der Regel Energiefresser besser als ‑quellen auf.
@Maik
Ich erlebe das immer öfter, dass Lehrer(!) in den USA Unschooling „komplett“ begreifen und dann entweder kündigen (das kann passieren ist aber nicht Zweck der Übung) oder richtig gute Lehrer werden.
Allerdings hat die Schule ja nur zu einem Drittel einen Entwicklungsauftrag (die anderen zwei Drittel sind Selektion und Lehrplan (also Faktenwissen)) – die stehen dem guten Lehren hier in Deutschland stark im Wege. Viele Schüler bräuchten eine komplett andere Entwicklungshilfe als Goethe lesen oder Mol umrechnen.
Wenn Du Dich engagieren willst komm doch zu den Piraten :)
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…voll ins Schwarze getroffen…Immer wieder schön zu sehen, dass man nicht alleine ist.… ;-)
Mit kollegialem Gruße,
Christian Droßmann
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Herr Riecken,
dass Sie in dieser Weise über ihre Schüler des CAG’s schreiben, finde ich unangebracht. Außerdem ist es mir zu Ohren gekommen, dass sich einige Schüler mit ihren schlechten Seiten indentifizieren können. Die Klassen wissen inzwischen fast vollständig bescheid, nicht zuletzt durch soziale Netzwerke wie „facebook“.
Freundliche Grüße, Karl-Theodor
Sehr geehrter Karl-Theodor,
Ich unterrichte mittlerweile acht Jahre. Die hier dargestellten Schicksale sind fiktiv, basieren natürlich aber auch auf Erfahrungen. Diese Erfahrungen halte ich für austauschbar, sie sind wahrscheinlich an jeder Schule irgendwie Realität, sonst hätte ich sie unter Garantie nicht aufgeschrieben. Ich kann nicht erkennen, dass ich an irgendeiner Stelle direkt über einen Schüler meiner Schule schreibe. Ich schreibe über Schüler.
Ich kann natürlich nicht verhindern, dass sich der eine oder andere Schüler vielleicht angesprochen fühlt und sich in sozialen Netzwerken Dynamiken entwickeln, die schwer beherrschbar sind.
Das wäre aber mit mir direkt zu klären – finde ich. Nehmen Sie also bitte mit mir direkten Kontakt auf.
Gruß,
Herr Riecken
Aufgrund ihres Jahresrückblicks nochmal drauf gestoßen.
Was haben Sie als Profis und Erfahrene denn für Tips für angehende Referendare? Wie sollen wir uns diesem Spannungsfeld nähern? Merken und Erkennen was alles notwendig wäre, und dann aber auch erkenen was alles möglich ist?
Verzweifeln?
In operative Hektik und Anpackerei verfallen, um dann irgendwann frustriert feststellen zu müssen, dass es im Grunde nix verändert und verbessert hat?
Thema Lehrergesundheit.
Also ich mach nun erstmal den Test vom Schaarschmidt und lass mich überraschen… http://vbe.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/Lehrerstudie/Fragebogen_Fit.pdf&t=1293997137&hash=6d5af2608cf2d0c2d1b29ea5f89ab5d43f2ff908
Lehrer ist ein toller Beruf. Es gibt Zeiten, in denen man das spürt. Es gibt Zeiten, in denen man das weiß. Es gibt Zeiten, in denen man das glauben muss.
Also unterscheidet sich das Ganze nur unwesentlich von dem, was das Leben allgemein so mit sich bringt. Ich kann dir von meinen Rezepten berichten. Du wirst deine finden.
Gruß,
Maik
PS:
Ich habe den Fragebogen überflogen. Für Superman halte ich ihn geeignet. Was für ein Anspruch allein durch die Art der Fragestellung da aufgebaut wird – tzzz.
Seit 8 Jahren unterrichte ich wieder an NRW-Gmynasien und habe an vier Schulen mit jeweils 1000–1100 SchülerInnen die hier beschriebenen Situationen vorgefunden. Ich unterrichte ca. 320–386 Susis. Vorher war ich 15 Jahre bundesweit in leitender Stellung in der beruflichen Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte tätig und kenne die neoliberale Haltung in Bildungsfragen sehr gut. Wenn die Finanzminister die heimlichen Schulminister sind, können wir uns abmühen, wie wir wollen. An die Eltern-Wähler immer nur wohlfeile Wahlversprechen verteilen, die letztlich ungedeckte Wechsel auf Namen der LehrerInnenschaft sind, geht in der Debatte leider unter, auch, dass die Politik Öffentlichkeit und Schule gegeneinander ausspielt. Es hat nichts mit der Parteizugehörigkeit oder einer politischen Affinität zu tun, wenn viel mehr Geld für den Schulbereich gefordert wird. Die ständige Mängelverwaltung wird dann auch noch einer Qualitätsanalyse unterzogen. Das ist so, als ob ein totes Pferd nach diversen Methoden beatmet werden soll. Wenn in diesem Blog schon auf den notwenigen Neuaufbau hingewiesen wird, dann auch auf die aktuelle Tendenz, das Streikrecht für beamtete Lehrer zu öffnen. Wichtiger scheint mir noch, dass die Schulleitung nicht als dienstvorgesetzte Behörde agiert und das Lehrerkollegium keinesfalls nur noch ein Gewicht von einem Drittel in der Schulkonferenz haben darf. Es mag unpädagogisch klingen, aber ohne deutliche Profilierung in der Öffentlichkeit bekommt der Berufsstand kein Gehör.
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Nein. Das ist kein schlechter Leher. Das ist ein oft auftretendes Problem des Berufs Lehrer.
Ein schlechter Leher zieht bei einer Klassenarbeit mehr Punkte ab als übberhaupt erreichbar waren.
Ein schlechter Lehrer schreibt jede Stunde eine Hausaufgabenüberprüfung.
Ein schlechter Lehrer bevorzugt Schüler.
Ein schlechter Lehrer tritt seine Schüler.
Bei einem schlechten Leher must du dir die Erklärung einer Aufgabe aus dem Internet suchen, weil du sie von ihm/ihr nicht bekommst.
Was sie hier beschreiben ist kein schlechter Lehrer.
Der Ärger der Leher über die oben beschriebenen Situationen ist verständlich und die Tatsache, dass man sie dafür verantwortlich macht ist ungerecht.
Aber es gibt schlechte Lehrer und die Möglichkeiten eine Verbesserung zu erreichen sind beinahe nicht existent.
Das Lehrer „immer Schuld“ sind ist schlecht. Das man ihnen hilflos ausgeliefert ist ist aber ebenso schlecht.
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…auch nach vier Jahren: Immer noch ein guter Text.
(und immer noch ein großartiger Beruf! :-))
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Ein toller Text und ein wichtiger Beruf. Davon sollte es mehr geben.