Schulische Evaluation

Selbst­eva­lua­ti­on von Schu­le ist in Nie­der­sach­sen gera­de im Fahr­was­ser der Schul­in­spek­ti­on ein ganz gro­ßes The­ma. Da wer­den Stel­len geschaf­fen, Ver­fah­ren erprobt und Eva­lua­ti­ons­kon­zep­te ein­an­der gegen­über­ge­stellt und dis­ku­tiert. Im Grun­de läuft es auf viel Arbeit hin­aus: Allein Fra­gen und mög­li­che Ant­wort­mög­lich­kei­ten zu erar­bei­ten dau­ert eine gan­ze Wei­le. Dazu kommt wie so oft die bit­te­re Erkennt­nis, dass eine Eva­lua­ti­on nur in klei­nen Tei­len wirk­li­che Über­ra­schun­gen bie­ten wird. Weit­aus nie­der­schmet­tern­der ist die Tat­sa­che, dass man Defi­zi­ten in der Regel nur durch Geld- oder Per­so­nal­ein­satz begeg­nen kann – von bei­dem ist ja bekann­ter­ma­ßen eine Unmen­ge vorhanden.

Auch schwie­rig ist die Tat­sa­che, dass die Men­schen, die dann tat­säch­lich kon­kret die Eva­lua­ti­on durch­füh­ren, in der Regel dafür kei­ner­lei Schu­lung oder Aus­bil­dung an die Hand bekom­men. Leh­rer kön­nen sowie­so alles, ihr Tag hat 24 Stun­den und geschla­fen wird nachts. Viel schwie­ri­ger wird es für Eltern und Schü­lern sein, für ihre Ziel­grup­pe Fra­gen sowie sinn­vol­le Ant­wort­mög­lich­kei­ten zu ersinnen.

Dabei mei­ne ich mitt­ler­wei­le eini­ge beson­de­re Fall­stri­cke für die Pla­nen­den erkannt zu haben:

  1. Ver­mei­den Sie Frei­text­fel­der wenn irgend mög­lich. Nicht nur, dass sie schwer auto­ma­ti­siert aus­zu­wer­ten sind – sie ber­gen die Gefahr von SuS dafür genutzt zu wer­den, unter Nen­nung von Namen von Lehr­kräf­ten zum Dampf­ab­las­sen benutzt zu wer­den. Daten­schutz­tech­nisch kön­nen Sie in Teu­fels Küche kom­men, wenn z.B. die Schul­lei­tung die unzen­sier­te Her­aus­ga­be die­ser Daten ver­lan­gen sollte.
  2. Ver­wen­den Sie eine kon­se­quen­te und für die Betei­lig­ten trans­pa­ren­te Anony­mi­sie­rung – ich wer­de noch spä­ter blog­gen, wie so etwas tech­nisch rea­li­sier­bar ist.
  3. Eine grund­sätz­li­che Schwie­rig­keit ber­gen all­ge­mein gehal­te­ne Fra­gen, z.B. „Mit der Unter­richts­ge­stal­tung an er Schu­le xy bin ich zufrie­den.“ SuS wer­den berech­tigt ein­wen­den, dass die­se Fra­gen über alle Lehr­kräf­te gebo­gen nicht beant­wort­bar  sind und sich auf die aus ihrer Sicht nichts­sa­gen­dens­te Ant­wort­mög­lich­keit zurück­zie­hen, die eine spä­te­re Aus­wer­tung stark ver­zerrt. Die Alter­na­ti­ve von per­so­na­li­sier­ten Feed­backs zu einer Lehr­kraft birgt Spreng­stoff für den Schul­frie­den und ver­letzt wahr­schein­lich Daten­schutz­richt­li­ni­en. Net­tes Dilem­ma. Ich per­sön­lich wür­de mich die­ser Her­aus­for­de­rung stel­len, weil ich das span­nend fin­de. Pro­ble­ma­tisch ist natür­lich, dass jede Lehr­kraft  (natür­lich auch ein Herr Riecken) bei einer gelun­ge­nen Anony­mi­sie­rung irgend­wie ihr Fett weg­be­kom­men wird – span­nend wird es dann wei­ter­hin, ob eine Schul­lei­tung auf der­ar­ti­ge Daten Zugriff erhal­ten dürf­te und wel­chen rea­lis­ti­schen Aus­sa­ge­wert  (der Mensch ansich über­treibt ja ger­ne) eine sol­che Eva­lua­ti­on gera­de bei une­lieb­ten Lehr­kräf­ten hät­te, die ihren Mythos schon über Jah­re mit sich her­um­schlep­pen. Noch ein net­tes Dilemma.
  4. Ver­mei­den Sie Fra­gen, die zwei Kri­te­ri­en abprü­fen, etwa: „XY ist ansprech­bar und freund­lich.“. Das sind zwei ver­schie­de­ne Aspek­te. Ich kann zwar freund­lich, jedoch sel­ten erreich­bar sein oder umge­kehrt, z.B. muss ja auch das Schul­lei­tungs­team hin und wie­der unter­rich­ten und ist dann nicht ansprech­bar für SuS oder Eltern.
  5. Sie wer­den es nie­man­dem Recht machen kön­nen. Es wird immer an irgend­ei­ner Stel­le irgend­ei­nen Ärger oder Ver­lan­gen nach Daten geben. Machen Sie sich also drin­gend im Vor­we­ge mit den in Ihrem Land gül­ti­gen Dat­zen­schutz­ge­set­zen ver­traut, um in einem spä­te­ren Dis­kurs ange­mes­sen reagie­ren zu können.

Ins­ge­samt kann das alles eine span­nen­de Erfah­rung wer­den. Es kön­nen ja auch z.B. Leh­re­rin­nen und Leh­rer z.B. die Eltern- und Schü­ler­schaft einer Schu­le evaluieren…

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7 Kommentare

  • Man kann eini­ge der ange­deu­te­ten Pro­ble­me klei­ner stel­len, wenn man bei der Erhe­bung des Feed­backs nicht nur an Anony­mi­tät, son­dern auch Nicht-Ver­ket­tung denkt. Bei Fra­ge­bö­gen sind häu­fig alle Fra­gen auf einem zusam­men­hän­gen­den Bogen. 

    Auch wenn die ein­zel­nen Ant­wor­ten für sich kei­nen Schluss auf eine bestimm­te Per­son zulas­sen, kann dies in Kom­bi­na­ti­on den­noch der Fall sein. Ein prak­ti­ka­bler ers­ter Aus­wer­tungs­schritt wäre daher das phy­si­sche Tren­nen der ein­zel­nen Fragen/Antworten voneinander. 

    Frei­text­fel­der sind auch inso­fern pro­ble­ma­tisch, als über die Hand­schrift der Autor eben doch iden­ti­fi­zier­bar ist – gera­de an Schulen.

  • Maik

    Unse­re Schu­le macht den gesam­ten Pro­zess elek­tro­nisch, d.h. über Radio­but­tons in Web­for­mu­la­ren – das genaue Ver­fah­ren blog­ge ich noch – eigent­lich soll­te die Iden­ti­tät nur mit erheb­li­chem Auf­wand zu ermit­teln sein. Daher müss­te zwar die Hand­schrift- nicht jedoch die Ver­ket­tungs­pro­ble­ma­tik weg­fal­len. Lei­der ist Sicher­heit für die meis­ten Men­schen zu unbe­quem, etwa wenn man einen Zet­tel lesen und auf einem ande­ren ankreu­zen muss. Das stellt vie­le doch vor erheb­li­che Pro­ble­me im Bereich der Lese­kom­pe­tenz… Dann muss man sich ent­schei­den: Möch­te man eine reprä­sen­ta­ti­ves Ergeb­nis oder möch­te man viel erklä­ren und even­tu­ell stark streu­en­de Daten – noch ein Dilemma.

  • Elek­tro­nisch ist die Nicht-Ver­ket­tung noch ein­fa­cher her­zu­stel­len, als bei der Papier-Geschich­te. Wenn man denn dran denkt, den Teil mit „rela­tio­nal“ beim dahin­ter­lie­gen­den Daten­mo­dell zu beschnei­den, zum Bei­spiel nicht jedes Ant­wort­set als Daten­satz spei­chert, son­dern z.B. bei Mul­ti­ple Choice ein­fach nur Zäh­ler inkrementiert. 

    Bin schon gespannt auf die Implementierungsbeschreibung! :-)

  • Wobei man da immer die Kir­che im Dorf las­sen muss. Der­ar­ti­ge Eva­lua­ti­ons­sys­te­me, die die genann­ten Anfor­de­run­gen erfül­len, gibt es tat­säch­lich – aber in der Regel nur für teu­res Geld oder mit erheb­li­chem Auf­wand, wenn es um die Erstel­lung von Zugangs­da­ten (eini­ge pro­fes­sio­nel­le Dienst­leis­ter erwar­ten hier Adres­sen­lis­ten…) oder um Mög­lich­kei­ten der Aus­wer­tung geht.
    Hier gilt es zwi­schen (leist­ba­rem) Auf­wand und Nut­zen abzu­wä­gen. Da es zwar Vor­ga­ben zur Durch­füh­rung von Umfra­gen gibt, es jedoch vor allem an Geld zur tech­ni­schen Umset­zung fehlt…

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  • Hans

    Guten Tag,
    haben Sie Ihre Eva­lua­tio­nen vor­her auf Papier durch­ge­führt oder immer schon online bzw. elektronisch?
    Ken­nen Sie eine Open­So­ur­ce Lösung für Umfra­gen auf Papier, also OMR-Software.
    Da die Gel­der, wie wahr­schein­lich über­all in der Bil­dung, auch in Sach­sen knapp sind wird kaum in die IT inves­tiert, somit gibt es kei­ne ordent­li­chen Ser­ver und kei­ne ordent­li­chen Men­schen die die­se betreu­en können.
    MfG

  • Fra­ge 1:
    Ich wür­de nicht auf die Idee kom­men, das heut­zu­ta­ge noch auf Papier zu machen. Die Daten müs­sen für die spä­te­re Prä­sen­ta­ti­on meist eh wie­der digi­ta­li­siert wer­den, sind also min­des­tens in eine Tabel­len­kal­ku­la­ti­on zu übernehmen. 

    Fra­ge 2:
    OMR kann im Prin­zip nur Mul­ti­ple-Choice brauch­bar aus­wer­ten – die­se Ein­schrän­kung emp­fin­de ich als gra­vie­rend. Schau­en Sie sich ein­mal Graf­Stat als Alter­na­ti­ve an. Die Daten wür­de ich in der Schu­le an einem PC erfas­sen las­sen – z.B. PC-Raum.

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